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Lukas Lrcmachs Holzschnitte und Rupfersticht
Aber auch das schöne Blatt „Christus und die Samariterin am Brunnen" läßt sich vielleicht datiren. Es trägt au einem Stein des Brunnens die uu- gewöhuliche Bezeichnung 1^ V L, während andre Blätter immer nur mit l^ bezeichnet sind. Daß Crcmach damit seinen Vornamen Lucas habe abkürzen wollen, ist nicht recht wahrscheinlich; wahrscheinlicher ist, daß es „Lueas von Cranach" heißen soll. Nun erhielt Crcmach von Friedrich dem Weisen seinen Wappcnbrief zu Neujahr 1508.*) Er hat zwar von seiner Standeserhöhuug nie Gebrauch gemacht, sondern ist immer bei seinem bürgerlichen „Lueas Cranach" geblieben. Es wäre aber doch möglich, daß er sich anfangs, um den Kurfürsten nicht zu kraulen, einmal „von Cranach" genannt hätte, so wie in seinem Wappenbriefe steht. Danu würde dieses Blatt iu das Jahr 1508 gehöre». Doch möchte ich die Sache nicht für sicher ausgeben.
Das dritte Blatt, das sich datiren läßt, ist das herrliche Bildnis Luthers als „Junker Georg" mit dem Barte. Es ist aus keiuen Fall erst nach Luthers Rückkehr von der Wartburg (im März 1522) gezeichnet, denn da wird Luther sofort die ritterliche Verkleidung abgeworfen haben, da er schon am nächsten Tage die Kanzel bestieg. Unzweifelhaft ist es schon im Dezember 1521 entstanden, als Luther von der Wartburg aus heimlich auf einige Tage Wittenberg besuchte. Auf diesen Besuch bezieht sich die bekannte Erzählung, daß er Cranach habe rufen lassen, es sei ein fremder Junker da, den er abkonterfeien solle. Auch die Unterschrift, die die frühesten Abdrücke des Bildes tragen:
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sagt nur, daß er noch lebe, wogegen später Abdrücke verbreitet wurden, ans denen es heißt, so habe er ausgesehen, als er 1522 von Patmvs nach Wittenberg zurückgekehrt sei (rsvsrsus <zx ?g,t>Iuuc> MtwudvrMm ^.imo vom. 1522). Die Zeit jenes Besuchs aber ist genau bekannt, sie fällt in den Anfang Dezember 1521; am 3. Dezember kam Luther durch Leipzig, eine Woche später nochmals.
Von den acht Kupferstichen ist nur eiuer uudatirt; von den datirten sind zwei von 1509, einer von 1510, drei von 1520, eiuer von 1521. Die sämtlichen datirten Blätter also drängen sich in die siebzehn Jahre von 1505 bis 1521 zusammen, in die Zeit vom dreiuuddreißigsten bis zum ueunundvierzigsteu Lebensjahre Crcmachs. Aus derselben Zeit ist das Witteubergcr Heiligtumsbuch (1509) und das Passivual Christi und Autichristi (1521)/ Aber auch die
In dem Dntmn des Wappcnbricfs steht überall, wo er abgedruckt ist, ein Fehler. Er soll ausgestellt sei» „am Dienstag der heiligen Dreier König Tag" 1S03, Dreikimigstng (der K. Januar) fiel aber 1SV8 aus einen Donnerstag. Wahrscheinlich steht also im Original „Dornstag," was man für Dienstag gelesen hat.