Beitrag 
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben : neue Folge : 1. Schulnöte
Seite
235
Einzelbild herunterladen
 

235

Mit dem'Schulzen waren aber zu zürnen verpflichtet die Schuppen und ihr Anhang, natürlich auch des Schulzen Anhang und wer irgend von der Gemeinde Brot und Verdienst hatte. Noch größer war der Zorn bei den werten Anver­wandten. Diese fühlten sich als Kossnthen, Bauern und Nachbarn persönlich in ihrem Verwandten, dem Lehrer Schlnck, beleidigt. Wenn der Lehrer eines Lehrers Sohn oder kleiner Leute Kind gewesen Ware, dann hätte man sich nicht aufgeregt; aber Leute zu beleidigen, die drei Pferde und so und so viel Kühe im Stalle stehen haben, das war Frevel, das forderte Rache.

Mit diesen fühlten sich zn zürnen verpflichtet alle Nothmcnms, alle Fnul- manns und alle Bigelows und deren Anhänge. Da aber Friedrich Bigelow den Kaufladen des Ortes hatte, so wareu auch gehalten zn zürnen alle, die bei Bigelow im Bvrgbuche standen, und das war die Hälfte derkleinen Leute."

Der Pastor von Affleben hatte die Wolken aufsteigen und sich über seinem Haupte zusammenziehen sehen über seinem uuschuldigeu Haupte, deun was konnte er dafür, daß die Regierung regierte? Er war nußer stände gewesen, die Leute aufzuklären oder zu beschwichtigen. Wo er sich sehen ließ, wich man ihm ans. Wenn er grüßte, dankte man, als ob man den Baum oder die Mauer hiuter ihm meinte. Nach einigen Tagen brachte das Dienstmädchen die Nachricht ans dem Dorfe mit, am Abend werde eine Deputation erscheinen, um mit dem Herrn Pastor zu verhandeln. Gott sei Dank! sagte er.

Als aber die Deputation antrat nnd es sich zeigte, daß es ein Rathmann, ein Fanlmann nnd ein Bigelow war, sank ihm die Hoffnung, die Leute zur Ver­nunft zu bringen. Während oben in der Studirstube verhandelt wurde, stand die Frau Pastorin unten an der Treppe und horchte nngstbctlommen, ob die Sache in Frieden verlaufen würde; und jedesmal, wenn oben das Gcmurmcl zn lantem Wortwechsel anwuchs, wollte ihr das Herz stillstehen. Endlich kam die Deputation wieder herunter, die Fran Pastorin sah au den verbissenen Mienen der Lente, daß bei der Verhandlung nichts herausgekommen war. Und das war auch gar nicht möglich. Deun die Herreu hatten nichts weniger verlangt, als daß Schlnck wieder in das Amt des Gemeindeschreibers eingesetzt würde; die Gemeinde sei es nicht zufrieden, daß ihm das Amt genommen werde. Nachdem aber der arme Pastor zum siebcntenmal auseinandergesetzt hatte, daß das Sache der Regierung sei, nnd daß er dabei gar nichts thun könnte, hatten sie geantwortet, dann thue es ihueu leid, sie köuuten nichtumhin."

Als am andern Tage Emma bei Bigelows Petroleum hatte holeu wolleu, tcnn sie mit der leereu Kanne zurück. Die Fran Pastorin möge sich ihr Petroleum holen, wo sie wollte, Bigelows verknnften Pastors lein Petroleum. Die Frau Pastorin war außer sich, erstens der Blamage wegen, nnd zweitens, weil es doch gräßlich war, wegen jeder Kleinigkeit in die Stadt schicke» zu müssen. Am audern Tage sollten Kartoffeln gerodet werden. Die bestellteil Arbeiter hatten zwar zu­gesagt, blieben aber aus wie das Röhrwasser. Und daran war Fritze Faulmann schuld, der uuter der Haud verbreitet hatte, wer im Sommer bei Pastors arbeite, der könne sich auch im°Winter von Pastors Arbeit geben lassen. Am dritten Tage waren im Feldgarten die Äpfel gestohlen und die Kohlbeete zerstampft. Am Sonntag darauf war die Kirche wie nusgestorbcn. Nur eiu paar alte Weiber, die des Almosens wegen kamen, waren erschienen. Oben ans der Empore aber stand Herr Schluck, sah sich die leere Kirche an uud strahlte vor Schadenfreude. Was aber "vch schlimmer war, es wurde bekannt, daß der Schnlze am Sonntag früh hatte ""spannen lassen und mit einigen Gesinnungsgenossen nach Zettleben zum Herrn