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Der ewige Jude und der Teufel in der jüngsten deutschen Poesie
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Der ewige Jude und der Teufel

Genußdurstes unsrer Tage scheint, um so zündender und heißer steigt die Lohe des Verlangens auf,bis daß Begierde keine Thaten scheut, sofern (?) sie nur genießt." Die Erde ist entgöttert, hoher Sinn und ehrlicher Ernst ver­schwunden,

Als groß erscheint nur, wer mit eitelm Prunke Die Augen blendet nnd mit Sinnenlust Den Gauinen stachelt; was nur tüchtig ist, Nur wahrhaft, nichts als gut, verfällt dem Spotte, Am wirklich Großen rüttelt laut der Hohn.

Man sollte nun meinen, daß der höllische Feind, nachdem er die Welt glücklich so weit gebracht hat, keine schäferlichen Anwandlungen mehr verspüren würde. Aber er fühlt sich wirklich von geheimem Sehnen nach dem Städtchen erfaßt, wo sich ihm zuerstgleich große Lieb und Schwachheit" offenbart hat. Da wird der Ratschluß des Herrn an ihm erfüllt, Elfe, die ihm treu ge­blieben ist und nichts besseres begehrt, als ihn wieder in ihre Arme zu schließen, begrüßt den vermeintlich wiederkehrenden mit ungeminderter Liebe, Satan fühlt sich überwältigt, Menschenschwäche zieht in seine Brust, das stolze Flammen­leuchten seines Blicks erlischt, er stürzt, Elfe fluchend, davon, ruft umsonst nach den alten Genossen seiner Nacht, fühlt sich verurteilt, als Mensch zu leben, und erfährt auch gleich ein Stück menschliches Schicksal, indem er in die Hände der Räuber fällt, die ihn, da er kein Gold bei sich tragt, bis auf den Tod mißhandeln- Wieder ist es Elfe, die ihn findet uud Pflegt, in Satans Herzen erwacht menschliche Empfindung, mit Menschenaugen sieht er jetzt sein höllisches Thun und Lassen an, und mit Menschcnsinn begreift er, daß er zwar, was er gethan hat, nicht zum Guten zu wandeln, aber doch dem Guten noch zu dienen vermag. Das Gute ist sein Anschluß an die konservative Partei, er erlebt die große Revolution, die er in seiner satanischen Periode vorbereitet hat, und tritt jetzt unter Haufen führerlosen und ratlosen Volkes, ruft sie aufzum Kampf um ihre Habe und für den edeln königlichen Leib," besiegt und zerschmettert die Rebellen und führt dann in seinem abgeschiednen Thal fort zum Segen des Landes, in dem er wohnt und sich, sehr mit Wider­streben, verheiratet hat, Gntes zu thun. Er scheint ein großer Ingenieur ge­worden zu sein, erbricht des Berges Bann nnd läßt Kanäle graben durch das Land," jedenfalls wird im Feuer der Arbeit sein Herz lauter und rein und kann dem schließlich hereinbrechenden Weltgericht, wenn auch mit Zagen, doch mit Hoffnung entgegensehen. Da sich Gottes Gnade groß und weit genug erweist, dem geläuterten Satan zu vergeben, so ist es natürlich, daß auch alle Verdammten der Hölle und alle teuflischen Genossen Satans, die seit dem Verschwinden ihres Meisters erbärmlich zusammengekauert in der Hölle sitzen, gleichfalls begnadigt werden.