Schimi
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die Augen auf. Die Base hatte ihr die Haud auf die Brust gelegt: Ja, was machst denn du für ein Gestöhn! Wirst wohl was schweres gesseu haben gestern Nacht! Ist es denn schön gewesen am Fest, und hat der Schimi sich nit verkühlt?
Am Nachmittag ging Franzi noch einmal ans, und am andern Morgen war sie früh auf und hatte die Arbeit bald gethan, nachdem man den Schimi hatte zum Hause hinansgehn sehen.
Base, sagte sie, du mußt mich ein wenig entschuldigen. Ich will in die Georgenstraße gehn und noch ein wenig was lernen. In der Gevrgenstraße wohnt eine, die kann Französisch, zu der will ich hin, weil ich schon alles vergessen hab von der Schule her. Sie thuts billig, gestern hab ichs ausgemacht, und bis mittag bin ich wieder da.
Sie band das ungarische Kostüm in ein Bündel und ging zum Janko. Der stand von einem Lager auf, das er sich von Hintergrundstoffen und einem Perserteppich gemacht hatte, den er für einen Freund beherbergte. Mit der Hand schlug er ein blaues Cigarettenwölkchen auseinander und trat ihr entgegen.
Hier ist das Gewand, Herr Janko, und ich bleibe jetzt da und sitz Ihnen für das Bild so lange, bis es fertig ist. Zwei Jahr aber darfs nit brauchen. Bei den letzten Worten lachte sie.
Je länger je lieber! sagte er.
Und dann bin ich gestern beim Sell gewesen. Ich bin mit Fleiß hingegangen, weil ich mir gedacht hab, er wird mich wiedererkennen vom Feste her. Er ist auch gleich auf mich zugekommen, hat mir alle Bilder erklärt und mir noch einmal sein Kompliment gesagt wegen dem Tanzen. Ja, hab ich ganz zufrieden gesagt, und jetzt werde ich dem Janko sitzen zu einem fertigen Bild, nicht nur sür eine Skizze. Der Janko hätt mir anch gesagt, er arbeite gern für den Herrn Sell, nnd das Bild wär auch für ihn, Wenns erst fertig wär, und fertig würd es bald werden, denn wozu man Lust hat, das gedeiht, und dazu hätte er Lust, hätte der Janko gesagt. Das will ich glauben, hat natürlich der Sell dazu sagen müssen, und dann hab ich ihn eingeladen, übermorgen soll er herkommen und anschaun, was wir zusammengebracht haben.
Franzi leuchtete ordentlich wie der leibhaftige Sieg. Das hab ich alles erfunden, und wers wahrmachen muß, das ist der Herr Janko, dazu bin ich hergekommen mit einem Urlaub von der Base bis Mittag, und so jetzt jeden Tag. Der Base hab ich gesagt, daß ich noch ein wenig Französisch lernen will. Ich mag ihr das nicht sagen, daß ich Modell steh, und wenn ich ihrs anch auseinanderreißen wollt, den Unterschied zwischen Hvffart und der Absicht, die ich hab, sie würde halt doch an der Hoffart festhalten; außer ich thüt ihr das sagen, daß ich dem Schimi ein Modellgeld spare, nnd das mag ich wieder nicht um deS Schimi Nullen.
Sie hatte schon ihre Stellung gesucht. So jetzt arbeiteus und sprecheus auch fein französisch, damit die Franzi nicht gelogen hat.
Er ergriff ihre Hand nnd küßte sie: Das ist die allgemeine Sprache, sagte er. das ist auch französisch. Gute Seele, du thust viel für den Schimi!
Nicht für den Schimi allein! Wenns fertig ist, und Sie haben ein Geld gekriegt, viel Geld, dann schreiben Sie dein Vater noch einmal! Schauns, das läßt mir keine Ruh. Die Metzgermeister mit der schweren Kost, die trifft leicht alle der Schlag. Sie sagens ja selber: er ist jähzornig und braust aus. Nachher, wenn er hinginge ohne Frieden mit seinem einzigen Sohn, das wär mir arg.
Grenzbowi II 1895 19