Der Apoll vom Belvedere
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kecken Satyr, der sie aufheben will. Sodann die Athene auf dem Madrider Puteal mit dev Athenegeburt: Athene, eben dem Haupt des Zeus entsprossen, eilt nach rechts fort, etwa um in Schlacht und Kampf zu eilen oder um von Attika Besitz zu nehmen; aber noch, einmal muß sie sich zurückwenden, denn vom Vater Zeus her kommt Nike geflogen, ihr den Kranz zu reichen. Hier sind es besondre Vorgänge, die die Bewegung erklären; daß sie aber auch für den Kampf passend ist, lehren uns die Reliefs der pergamenischen Gigantomachie. Es ist in der That auffallend, daß bisher noch niemand (meines Wissens wenigstens) ans diese Parallele hingewiesen. hat. ^ Man betrachte sich den Zeus der Gigantomachie: er stürmt nach links vom Beschauer; zugleich aber macht er eine Wendung, der Rumpf erscheint von vorn, der Blick und die Handlung beider Arme gehen nach der rechten Seite. Der Grund liegt hier auf der Hand. Zeus stürmt in einen Haufen von Feinden hinein, links und rechts von ihm winden sich zwei Getroffne zu seinen Füßen, der dritte, gegen den er sich in dem dargestellten Augenblick wendet, bedroht ihn . von rechts her. Ähnlich Athene: sie stürmt uach rechts, den linken Fuß vorangesetzt, aber die Brust steht sn lÄczö, der Kopf uud der rechte Arm wenden sich links hin gegen den Giganten, den sich bereits ihre Tempelschlauge zum Opfer erkoren hat, und den sie gleichsam nur so im Vorübereilen an seinem wilden Haare niederreißt. Die andern Giganten, zu deren Vernichtung sie sortstürmt, sind hier nicht sichtbar, da Ge und Nike den Platz beanspruchen, werden aber von der Phantasie leicht ergänzt. Dann Hekate: wir sehen sie zwar vom Rücken, aber auch so erkennen wir dieselbe Stellung: vordringend nach rechts mit vorgesetztem rechten Fuß, wendet sie sich mit dem Oberleib, sodaß wir ihren Rücken ganz von hinten erblicken, und kehrt ihre drei Gesichter wie ihre rechten Arme nach links hin, dem dort befindlichen Giganten zu. Endlich der Apollo der Gigantomachie, dessen Ähnlichkeit mit dem belvederischcn schon oft betont worden ist: auch er eilt »ach links, Mit vorgesetztem rechten Fuß, uud erscheint doch ganz nach rechts hin gewandt, wohin der linke Arm weist und jedenfalls auch der jetzt fehlende. Kopf blickte.
Ich glaube, diese Parallelen genügen, um uns erkennen zu lassen, daß die Stellung des Apollo vom Belvedere am besten dadurch erklärt wird, daß wir in ihr eine Angriffs- oder Kampfstellung erkennen, und. zwar eines Kämpfers, der gegen eine Mehrzahl von Gegnern eilt. An sich ist zwar diese Bewegung als Kampfstellung keineswegs neu; wir treffen vielmehr denselben Gegensatz von Schrittrichtung und Handlungsrichtung schon sehr häufig in den Kampfszenen der Reliefs des fünften Jahrhunderts, und zwar nicht nur bei dem sich wehrenden Gegner, wo der Gegensatz sehr oft durch eine Verbindung von Flucht und Verteidigung hervorgerufen ist, sondern auch bei dem anstürmenden Angreifer. So bei. eiliigen Figuren des Frieses vom Niketempel, noch öfter auf den Nteliefs von Phigalia, wo besonders einige Figuren sind ein Lapithe, Grenzbotcn III 1894 59