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Die Währungsfrage
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Silber hat seinen Wert verloren aus dem zweifachen Grunde, weil es nie­mand mehr als Geld haben will, und weil es seit zwei Jahrzehnten in Massen in die Welt gesetzt ist, von denen man früher keine Ahnung hatte. Beruhte das jetzige Mißverhältnis zwischen Silber und Gold auf einem Steigen des Goldwertes, so müßte sich dieses Steigen auch darin zeigen, daß alle Preise, die man jetzt mit Gold bezahlt, heruntergegangen wären. Das wird aber niemand behaupten können. In den zwanzig Jahren, seitdem die Goldwährung bei uns besteht, sind die Dinge im allgemeinen nicht wohlfeiler, sondern eher noch teurer geworden.

Mit der hier besprochnen Ansfassung hängt auch ein weiterer sür die Wiedereinführung des Silbers geltend gemachter Grund zusammen, mit dem man gewissermaßen die Zukunft eskomptirt. Man sagt, dieDecke" seizu kurz"; das Gold reiche nicht aus, um das Geldbedürfnis der ganzen Welt zu decken. Dafür werden geognvstische Zukunfsrechnuugen ins Treffen geführt. Nun ist aber bis jetzt bei uns kein Mangel an Geld zu verspüren. Das geht schon aus der Thatsache hervor, daß der Zinsfuß bei uns fehr niedrig steht. Was die Zukunft bringen wird, kann niemand wissen. Alle Berechnungen hierüber sind durchaus unsicher. Warten wir also doch ruhig ab. ob wirklich einmal eine Zeit kommen wird, wo das Gold nicht mehr als Austauschmittel aus­reicht. Dann würde man noch immer auf Mittel der Abhilfe bedacht sein können.

Als der einzige reelle Hintergrund für die Wiedereinführung des Silbers bleibt also nur das Verlangen der Agrarier, daß dadurch dem Grundbesitz eiu Teil seiner Schulden abgenommen werde. Dieses Verlangen ist aber durchaus ungerecht. Wie man auch über die Not der Landwirtschaft denken mag: damit kann ihr doch nicht geholfen werden, daß man zu ihren Gunsten ihre Gläu­biger teilweise expropriirt. Wenn in den sechziger Jahren die Kapital- und Rentenbesitzer um einen Teil ihres Vermögens ärmer wurden, so war es die Fvlge unabweislicher, auf weltgeschichtlichen Vorgängen beruhender Verhältnisse. Daran war nichts zu ändern. Ganz anders würde es sein, wenn der Staat absichtlich durch ein auch noch in vielen andern Beziehungen höchst gefährliches Experiment einen folchen Erfolg hervorriefe. Es wäre das eine durchaus re­volutionäre Maßregel.

Nach allem Gesagten dürfte es für das deutsche Reich wirtschaftlich und rechtlich unmöglich sein, zur Silberwährung zurückzukehren.

Nachtrag. Soeben geht ein Telegramm durch die Zeitungen, wonach wan auch in Teheran die sreie Prägung des Silbers eingestellt und die Silbereinfuhr verboten hat. Und nnn soll doch Deutschland das von aller Welt geächtete weiße Metall liebevoll bei sich aufnehmen und hochschützen!

Grenzbowi 1 1394