Beitrag 
Rußland in Persien
Seite
338
Einzelbild herunterladen
 

338

Rußland in Persien

der That könnte England eines Tages Indien verlieren, freilich nicht an Ruß­land, wohl aber an seine indische Bevölkerung selbst, der Rußland mit seiner Macht aus eigenstem Interesse, wenn auch mit großem Widerstreben, die Be­freiung von der englischen Herrschaft bringen müßte. Die Nativnalzeitung kann überzeugt sein, daß Rußland ein Bünonis mit England, wodurch es ohne Schwertstreich einen Hafen am Indischen Meere erhielte, mit Freuden begrüßen würde."

Der Herold erklärt also kurz und bündig: Rußland muß, nachdem es in Asien so weit vorgedrungen ist, für seine gewaltigen Gebiete einen Ausgang nach dem indischen Weltmeere haben. Es wird dieses Ziel am liebsten mit Englands Einwilligung, aber auch gegen dessen Willen zu erreichen suchen.

Man mag nun über Rußland und seine Eroberungen denken, wie man will, jedenfalls muß man jetzt mit den Verhältnissen rechnen und zugeben, daß dieses unermeßliche Biuneurcich eine ganz armselige Küsteutwicklnng hat. Zwar stoßen im Norden und Nordosten die asiatischen Ländermassen an das Meer, aber dieses Meer bildet hier ein Hemmnis für den Verkehr, da es den größten Teil des Jahres durch Eismasfen versperrt ist. Was Wunder also, wenn der Länderriese mit aller Gewalt nach jenen sonnigen Meeresgestaden drängt, wo sich die Häfen das ganze Jahr hindurch gastlich öffueu, nach dem Arabischen Meerbusen und nach dem Indischen Meere, und wenn er die trennenden Schranken zu überreuueu sucht!

Allgemein bekannt ist es, wie große Fortschritte die Russen auch schon auf dein Wege nach dem Indischen Meere gegen Afghanistan hin gemacht haben. Hier soll kurz gezeigt werden, welche Erfolge Nußland in den letzten Jahren in Persien erreicht hat.

Lange Zeit bekämpfte sich in Persien englischer und russischer Einfluß. Als gegen Ende des Jahres 1888 durch den Schah die Schiffahrt auf dem Karunsluffe für alle Völker freigegeben wurde, empfand dies die russische Staats­kunst als eine schwere Niederlage, denn man hatte schon seit fünfundzwanzig Jahren mit Beharrlichkeit dieser Möglichkeit entgegengearbeitet. Der Karun ist der einzige dauerud schiffbare Fluß Persiens, der sich mit dem westlichen Arm in den Schat-el-Arab und mit dem östlichen in den Persischen Meerbusen ergießt. Es war wohl klar, daß von der Eröffnung der Schiffahrt auf diesem Flusse nur England und Indien Vorteil ziehen konnte. Es wurde dadurch die persische Provinz Chuschistan dem englischen Handel eingeräumt und das Vordringen westlicher Kultur beinahe bis nach Jspcchan, der zweiten Haupt­stadt Persiens, ermöglicht. Gleich darauf begann nun ein Werben bei der per­sischen Regierung. Die Engländer wollten noch weitere Erfolge haben. Sie strebten darnach, die Erlaubnis zum Bau einer Bahn zu bekommen, die Teheran mit Muhammerah, einem Hafen am Schat-el-Arab, verbinden sollte, um so den Persischen Handel ganz an sich zu ziehen. Die Russen dagegen setzten alles