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Patriarchalische Beziehungen in der Großindustrie
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56 Patriarchalische Beziehungen in der Großindustrie

Fabrikfestlichkeiten. Die Selbstverwaltung weckt dns Ehrgefühl, und alle fühlen sich gemeinsam verpflichtet, das; das Fest einen schönen Verlauf nehme. Fabrik­feste sind die beste Probe für den Geist, der die Fabrik beseelt. Bei einem solchen Fabrikfestc hielt ein süddeutscher Patriarch eine Ansprache, die sich völlig mit den Anschauungen des Verfassers deckt. Er sagte unter anderm:Erstens soll das Fest zeigen, wie sich das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeiter, Vorgesetzten und Untergebnen heutzutage neu gestalten soll. Wir leben ja heute in einer Zeit der größten Umwälzungen auf dem Gebiete der Industrie nud des Erwerbslebens. Jenes Verhältnis soll nicht am Zahltag seinen Ab­schluß finden. Zweitens soll es zeigen, daß man auch mit geringen Mitteln fröhlich sein kann und sogar fröhlicher, als wenn man im Übermaß und über seine Verhältnisse lebt. Und drittens soll es zum Ausdruck bringen, daß eine Fabrik, und wenn sie noch so groß ist, gewissermaßen eine Familie bilden soll, wie seiner Zeit beim Handwerksbetrieb." Daß die patriarchalischen Beziehungen auch in der Ncligionspflege ein Heilmittel für die Schäden unsrer Zeit er­blicken, kann bei der Erfahrung, daß von allen Einrichtungen znm Wohle der Arbeiter die gvttesdienstlichen und kirchlichen von dein nachhaltigsten nnd blei­bendsten Segen sind, nicht auffallen.

Die Beschreibung eines Fabrikweihnachtsfestes schließt der Verfasser im ersten Bande mit den Worten:Daß ich, um den Weihnachtsbaum recht fein aufzuputzen, die Früchte nicht alle demselben Banm entnommen habe, sondern die Äpfel von hier, die Birnen von dort, daß ich dabei ohne jede andre Rücksicht Verfahren bin, den schönsten und eigentümlichsten Schmuck zu- smnmenzutragen, sodaß jeder au diesem Allerweltsweihnachtsbauln die Blumen und Früchte findet, die er auch in dem eignen Garten zieheu zu können glaubt, wer wird mir das verübeln? Wenn eS nur keine »künstlichen« Blumen nnd Früchte sind. Sie entstammen aber alle solch gesegneten Gefilden, von deren Pflege V. A. Huber sagt, sie würden die Ahneuprobe der Zukunft sein." Wir glauben diesen Satz auf das ganze vorliegende Werk anwenden zn können; auch in ihm finden wir keinekünstlichen" Blumen und Früchte. Was uns die Freude an dem vielen Köstlichen, das das Buch birgt, herabdrückt, ist nur die leidige Thatsache, daß die beschriebnen Mnsterstätten trotz ihrer statt­lichen Zahl die Ausnahmen und nicht die Regel sind: es sindOasen in einer Wüste." Auch dem Verfasser wird es daher als die köstlichste Frucht seiner Arbeit erscheinen, wenn sein Buch dazu beitrügt, viele zur Nachahmung dessen, was seine Patriarchen leisten, anzufeuern.