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Patriarchalische Beziehungen in der Großindustrie
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Erklärlicher ist der Haß, womit die Sozialdemvkratie die Arbeitsausschüsse, diesesFeigenblatt des Feudalismus," beehrt. Unbeirrt dadurch tritt der Ver­fasser, gestützt auf die Erfahrungen seiner Patriarchen, für die Ausschüsse ein, da sie dem Arbeiter Gelegenheit geben, sich auszusprecheu und vorhandne Miß­stände offen zu berühren, zum Vorteil des Unternehmers, dem sie sonst viel­leicht nie zu Ohren kommen würden. Weit entfernt also, Zündstoff zu häufen, tragen die Ausschüsse dazu bei, Zündstoff zu beseitigen. Auch finden die be­fähigtere unter den Arbeitern hier ein natürliches Feld der Bethätigung und der Befriedigung berechtigten Ehrgeizes. Wie soll es auch, zumal in nmfang- rcichen Betrieben, dem Arbeitgeber anders möglich sein, verloren gegangne Be­ziehungen wieder oder gar uicht vorhanden gewesene neu anzuknüpfen! Auch auf die Mitwirkung der Ausschüsfe beim Erlaß der Arbeitsordnung kommt viel an. Man kann sich leicht vorstellen, daß die Arbeiter Maßnahmen, die aus sorgfältiger Veratnng mit dem Arbeitsausschüsse hervorgegangen sind, mit ganz andern Augen ansehen, als einseitig vom Fabrikhcrrn angeordnete. Sind die Arbeiter an der Festsetzung der Arbeitsordnung beteiligt, so wirkt diese wie ein moralisches Band, das alle umfaßt, und diese Wirkung wird sicherlich dann am wenigsten ausbleiben, wenn die Vorgesetzten ihren Unter­gebnen in der Erfüllung ihrer Pflichten mit gutem Beispiel vorangehen und so fordernd auf den sittlichen Geist in der Fabrik einwirken.

Zu sehr wichtigen Erörterungen giebt dieLohnform" Anlaß, deren glück­liche Erledigvng nicht bloß aus materiellen Gründen freudig begrüßt werden würde. Vertreter der Theorie und einsichtige Praktiker sind bemüht, an dem Gewinn des Unternehmens die drei Faktoren, auf deren Zusammenwirken es beruht, Intelligenz, Kapital und Arbeit, in richtigein Verhältnis teilnehmen zu lassen. Wenn diese Lösung gefunden wäre, so würde der Ursache der Aus­stände und damit den Ausständen selbst ein Ende gemacht sein. Daß eine derartige Gewinnbeteiligung der Arbeiter in demZukunftsstaat" der Sozial­demokratie, wie Stimmen ans diesem Lager offen erklären, nicht durchgeführt werden kann, dürfte schwerlich ein Grund sein, sich mit ihr überhaupt uicht abzugeben. Über die Notwendigkeit, dem Arbeiter im Interesse des Ganzen über seinen gewöhnlichen Wochenlvhn hinaus au dein Gewinu des Unternehmens einen Anteil zu sicher!,, herrscht kanm noch Meinungsverschiedenheit, nur über die richtige Form gehen die Ansichten auseinander. Es kommen Prodnktiv- genossenschaftcn, Gewinnbeteiligung, Prämien und Akkordlöhne in Frage. Wenn man unter Gewinnbeteiligung, nach der Ansicht des Verfassers, nur die Form versteht, bei der den einzelnen Arbeitern eines Geschäftes ein bestimmter An­teil am Jahresgewinn vertragsmäßig gewährleistet ist, dürfte man ihr den Vorzug geben, sobald man ihre Bedeutung für den sozialen Frieden prüft. Denn während, wie Schmoller erörtert, Prämien und Akkordlöhne den einzelnen zu höchster Leistung, unter Umständen aber auf Kosten der Mitarbeiter und des