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Zur Lage
ordentliche Ausgaben, die durch Anleihen gedeckt werden müssen, daher die Reichsschnld vermehren, die aus dem Steuerertrage verzinst werden muß, auch in mehreren andern Beziehungen wirtschaftlich und sozial verderblich wirkt. Vierteus drückt das Militär nicht blvß durch die Steuern. Der kleine Bauer, dem ein Sohn einberufen wird, muß statt dessen einen Knecht oder Tagelöhner halten und glaubt außerdem auch noch den Sohn mit einem Zuschuß unterstützen zu müssen. Von den Knechten und ländlichen Tagelöhnern, die zum Militär kommen, bleiben viele in der Stadt, weil es ihnen da besser gefällt als bei der täglich ungemütlicher werdenden Ackerarbeit, und den Knechten ziehen die Mägde nach. So trägt der Militarismus noch zur Entvölkerung des platten Landes bei. Der jnnge Handwerker aber, der Fabrikarbeiter, der Handlungsgehilfe findet, wenn er vom Militär zurückkommt, seinen Platz besetzt, und diese Gefährdung seiner Existenz wiederholt sich bei jeder Übung. Der Beamte kennt das freilich nicht, und er ist daher jederzeit bereit, das Lob des Dienstes zu singen; sein Gehalt geht svrt, und seine Stelle bleibt ihm. Dazu tvmmt die Zurückdrängung des bürgerlichen Elements durch das immer breiter hervortretende militärische: die Schädigung von Gewerbetreibenden durch Militär- Werkstätten, Kantinen, Kasinos und Krümperfuhrwerke, von Arbeitern dadurch, daß die Garnisonen bei manchen Gelegenheiten, z.B. für den Postdienst in der Weihnachtszeit, Mannschaften zur Aushilfe stellen, die Verletzung des Ehrgefühls, wenn die Uniform überall dem bürgerlichen Rock vorgeht, mag anch in jener nur ein junger Leutnant, in diesem ein alter hochverdienter Mann stecken. Die Arbeiter endlich sind dem Militarismus an sich feind, weil sie wissen, daß er einen festen Damm gegen ihre Bestrebungen bildet. Bei vielen wird ja freilich diese Gegnerschaft durch das persönliche Wohlgefallen am Soldatenleben aufgewogen; allem die „Lust, Soldat zu sein," wird von Jahr zu Jahr durch die zunehmende Strenge des Dienstes geringer, und je weitere Kreise die Nekrutirung ergreift, desto größer wird unter den Ausgehobuen die Zahl solcher, die sich nicht fürs Soldatenleben eignen. Der Soldatenberuf ist ein Beruf wie jeder andre Beruf; wer sich für ihn am besten eignet, wird sich gewöhnlich zum Schulmeister- oder Schneider- oder Schreiberberuf am schlechtesten eignen, und umgekehrt; vielseitige Persönlichkeiten, die zu allem taugen, sind selten. Als Landsturinmann znr Wehr greisen, um Haus und Hof vor dem cingedrungnen Feinde zu schützen, das kann jeder, und das thut jeder; aber eiu vollkommner Soldat sein, das kann nicht jeder für andre Berufsarbeiten tüchtige Manu; vollkommue Soldateu aber sollen in den modernen Staaten alle Dienstpflichtigem werden. Wenn man nun nicht bloß solche dazu nimmt, die Anlage und Lust dazu haben, sondern alle leidlich gesunden Männer, so entsteht daraus ein doppeltes Übel: wer Lust zum Svldatenlebcn hat, der wird dadurch seinem bürgerlichen Beruf entfremdet, und wer keine Lust dazu hat, dem fällt der Dienst sehr schwer, und das Militär wird ihm verhaßt. Über