502
das ist die ganze Anhängerschaft des Staatssozialismus, eine kleine Schar von Offizieren ohne Soldaten. Nicht das liberale, mit den „Richtcrschen Irrlehren" bewaffnete „Bürgertum in Stadt und Land," nicht der „Zusammenschluß aller staatserhaltenden Parteien," nicht die antisemitische Bewegung, die den Kernpunkt der sozialen Frage nicht berührt und äußere Anzeichen des Leidens für das Leiden selbst hält, macht der Sozialdemvkratie Sorge». Nur den Staatssozialismus fürchtet sie, uud zwar fürchtet sie ihn so sehr, daß sie es schon, ehe er auch nnr wirklich lebendig geworden ist, für erforderlich hält, sich mit ihm anseinanderznsetzen.
Wird die äußerste Rechte der konservativen Partei hieraus die richtige Lehre ziehen und der sozialdemokratischen Bewegung endlich die sozialkonservative entgegensetzen? oder wird sie fortfahren, sich von einer kompromißsüchtigen, schwächlichen, schein-konservativen Parteileitung gängeln zu lassen und es auch fernerhin zulassen, daß der große nnd staatserhaltende Gedanke des Svzialismns von Demagogen gefälscht und geschändet werde, die dem Volke einreden, der Sozialismns sei möglich ohne eine starke und monarchische Staatsgewalt?
Gin neuer Buchhändlerprozeß
vc»i B. Läl,r
ail wird sich erinnern, daß vor nicht langer Zeit in diesen Blättern ein Buchhändlerprvzeß von uns besprochen wurde, dessen Entscheidung in den Kreisen des Buchhandels großes Aufsehen erregt hatte, nnd der auch nach unsrer Ansicht vom Reichsgericht nicht sacheutsprecheud entschieden worden war. Jetzt hat abermals das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel Gerichtsentscheidungen mitgeteilt, die über ein bnchhändlerisches Verhältnis ergangen sind, und die nicht minder in Bnchhändlerkreisen Erstaunen erregt haben. In wiederholten Besprechungen von Kunst- nnd von Buchhändler», die das Börsenblatt gebracht hat, ist dies zum lebhaften Ausdruck gekommen. Diesmal ist es nicht ein Zivilprvzeß, der zu diesem befremdenden Ergebnis geführt hat, sondern ein Strafprozeß, der freilich dnrch Zuerkennnng einer Buße zugleich eine zivil- rechtliche Entscheidung iu sich schließt. Auch ist es diesmal nicht eine Entscheidung des Reichsgerichts, gegeu die man einen Vorwurf erheben könnte; vielmehr ist das Schicksal des Prozesses dnrch die Entscheidung der ersten