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Die Reise ins Kloster :
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viel zusammen und schüttelten dabei die Köpfe, während sie von 'Kindererziehung sprachen. Auch las uns Früulein von Moldeuwitt eine Reihe vvn Unglücks- fülleu vor, in deneu unartige Kinder regelmäßig starben. Ans welcher Quelle sie diese Geschichten schöpfte, weiß ich nicht, wir fanden sie aber sehr nett und baten sie dringend, nns noch mehr der Art mitzuteilen, ein Verlangen, das sie mit Verlegenheit zu erfüllen schien.

Aber sie und Tante Emma konnten sich nicht über die Art nnsrer Be­strafung einigen, und so unterblieb sie denn, wie uns Sophie dann mitteilte. Sie buk gerade einen Pndding, und wirschmeckten" mit großer Beharrlich­keit, während sie nach ihrer Gewohnheit redselig sagte: Was wahr is, muß wahr bleiben: ein paar Drivers*) seid ihr; abers Jugend hat keine Tugend. Das hab ich auch zu gnä Fräulein gesagt, als sie mir um Rat fragte, was sie mit euch machen sollt. Gnä Früulein, sag ich, lassen Sie die beidens man, wie sie sind, für anner Leute Kinner is man nich verantwortlich. Wenn man sie nun zum Beispiel hungern läßt und sie denn krank werden, was denn? Oder einsperren? Du liebe Zeit die stoßen mit'n Kopp an die Wündens. Nee, gnü Fräulein, lassen Sie die Kinners man gewähren. Dabei rührte sie triumphirend au der Fruchtsanee für den Pudding, während wir dieser inter­essanten Handlung mit Spannung zusahen.

Wir hatten die kleine Garten- und Grashüpfergeschichte bald wieder vergessen, und als Vater kam, uns abzuholen, that nns der Abschied doch leid. Besonders Sophie verließen wir nngern, denn sie war sehr gnt gegen uns gewesen und hatte uns mit allerhand Leckerbissen verwöhnt. Anch vom Klostergarten mit seinen Bänmen und Blumen, seiner Freiheit, seinem plät­schernden Bach trennten wir uns schwer. Aber es mnßte geschieden sein, und wir hielten es für unsre Pflicht, jeder Klosterdame, der wir am letzten Tage noch einmal begegneten, Lebewohl zu sagen. Auch sonst hatten wir einige Freunde erworben und wurden überall mit freundlichen Worten ent­lassen. Selbst die Barvneß, die uns verklagt hatte, schickte uns zum Abschiede noch eiu Körbchen mit Kirschen, uud als wir fortfuhren, stand Sophie weinend an der Hausthür, Taute Emma hielt nns eine Rede, und Fränlein von Moldenwitt schenkte unS die letzte Zeitung mit einem prachtvollen Unglücks­fall. Sie meinte, Papa solle uns die Geschichte unterwegs vorlesen, was er aber nicht that. Wir hatten ja so viel zu erzählen, daß wir keine Zeit dazu fanden.

Da wir nicht denselben Weg nach dem Sunde znrückfuhren, kehrten wir auch nicht wieder in dem Wirtshause eiu, wo wir übernachtet hatten, was wir sehr bedauerten, da uns Zephanjas Schicksal wieder einfiel und plötzlich wieder sehr am Herzen lag. Als uns jedoch versichert wurde, Zephcmja sei entweder tot oder lebe noch, fanden wir uns mit Fassung in die Unbestimmt­heit seines Schicksals.

Zu Hause angekommen, hatten wir sehr viel zu berichten, so viel, daß uns manchmal Schweigen geboten wnrde. Später sollten wir in der Privat- stnnde einen kleinen Aufsatz über unsre Reise ins Kloster machen. Da erklärte» wir wie aus eiuem Munde, daß wir gar nichts mehr von dieser Reise müßten, und daß wir auch gar nichts erlebt hätten, weder Fener, noch Räuber, noch sonst eine» Uuglücksfall. Herr Sörensen sah auch endlich eiu, daß wir von

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