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Die Judenfrage eine ethische Frage :
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und das Verbleiben des Geschäftsmannes im Dorfe erschwert, so bleibt ihm nichts übrig, als entweder nach der Stadt zu ziehen, die Ansiedlnngserlaubnis einzuholen oder schließlich selbst das Feld zu bebauen. Da nur wirklich an­stündige Leute die Ansiedlungskonzession erhalten sollen und die wenigsten Lust haben werden, sich persönlich mit Ackerbau zu befassen, so wird die ganze große Masse nach der Stadt ziehen. Dort aber werden die eignen Glaubens­genossen sie so schnell als möglich los zu werden suchen. Für die ehrlichen jüdischen Kaufleute wird es sozusagen eine Existenzfrage werden, sich von der schmutzigen Konkurrenz ihrer häufig vollkommen unterhaltslosenMitbrüder" zu befreien, und so wird schließlich eine Aktion im großen Stile unternommen werden müssen, um sie zum Ackerbau und zum Handwerk zu bewegen.

Dazu ist es freilich notwendig, daß jüdische Philanthropen nach dem Muster des Baron Hirsch, der eine ähnliche Stiftung für Galizien und die Bukowina ins Leben gerufen hat, Ackerbau- und Handwerkerschuleu gründen, daß sie versuchen, nach dem Beispiel einiger Dörfer in Rußland, Russisch- Polen, der Schweiz ganze Dörfer mit Juden zu bevölkern, daß sie schließlich bestrebt sind, diese für alles außer dem Gelderwerbe gleichgültigen Massen mit Vertrauen zu ihrem Rabbiner,*) mit Liebe zu ihrer Religion, mit Achtung für die Arbeit an sich zu erfüllen. Heute ist der Handwerkerstand bei den Juden thatsächlich verachtet. Die Würdenträger in ihren autonom eingerichteten Ge­meinden sind alles andre, nur nicht Handwerker. Wenn dies anders wäre, so ließe sich auch bei dem einfachen Handelsjuden durch deu Hinweis darauf ein größerer Erfolg erzielen, als durch bloße Worte, denen die That widerspricht.

Die Handelsjuden, die heute allerorten auf Märkten herumlungern, Vieh und Waren, Getreide, Grund und Boden, kurz alles kaufen und verkaufen und dabei den armen, unwissenden Bauer übers Ohr hauen, müssen Hand­werker oder Ackerbauer werden, da nicht alle reiche Kaufleute und Börsianer werden können. Dies fordert das Wohl der Gesamtbevölkerung, die sich durch den Zudrang der Juden zum Handel und durch ihr unredliches Geschüfts- gebahren bedroht sieht, aber dies fordert auch die Zukunft des jüdischen Stammes selbst, der durch seine aufreibende ausschließlich geistige Thätigkeit schon heute derart degencrirt ist, daß er meist Neurasthcniker, Blutarme und Schwächlinge hervorbringt, und dessen Regeneration nur durch deu Schweiß produktiver Arbeit erfolgen kann.

Damit schließe ich diese Darlegung, in der Überzeugung, meinen Glaubens-

Die Mnchterweiterung des Rabbiners erscheint mir in Deutschland notwendig, um die ungebildeten Massen des Judentums zur Religion znrückzuleitcn für ost-österreichische Verhaltnisse, wo die Rabbiner selbst meistens ungebildete Fanatiker sind und keine öffentliche Schulbildung genossen haben, vorzüglich iu den kleinern Städten, bin ich allerdings andrer Ansicht. Siehe darüber meinen Aufsatz über das ueue österreichische Judengesetz (Zentral­blatt für Verwaltungspraxis, November 1888, undCzas," Dezember 1888).