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Die Judenfrage eine ethische Frage
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Die Judenfrage eine ethische Frage

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ist, zum ungewollten Verbündeten der Kapitalsherrschaft, die er bekämpft und wegwünscht.

Ich kann mich nun, wenn ich gerecht sein will, nicht der Selbsttäuschung hin­geben, daß die sozialistischen Ideale bald erfüllt werden konnten, und wenn ich auch von meinem Standpunkt gänzlich absehe und mich auf den sozialistischen stelle, so muß ich auch hier der Überzeugung Ausdruck geben, daß man auch im gegnerischen Lager wohl kaum vor hundert bis zweihundert Jahren die vollste Aufhebung des beweglichen Kapitals erwartet. Wenn ich mir also das Vörsen- und Wucherunwesen, das hauptsächlich von Juden betrieben wird, ansehe und mir vergegenwärtige, daß dieses heute jeder gesittete Mensch von Grund aus verabscheut, so halte ich es für eine ungeziemende Vertröstung auf jene Zukunft, wenn man sich mit Phrasen gegen die Hebung von wahrhaften Ubelständen zu verschanzen erdreistet, sie aber in Wahrheit weiter fort­bestehen läßt.

Mir ist die Judenfrage also schlechthin eine Frage der Sittlichkeit. Das moderne Erwerbsleben, und ganz besonders das jüdische, bringt eine gauze Reihe unerquicklicher Erscheinungen zu Tage, die von jedem unparteiischen Beobachter als sozial schädlich bezeichnet werden müssen. Nur diese Erschei­nungen aber sind es, die der antisemitischen Bewegung ihre tiefere Bedeutung gegeben haben. Wären nicht die jüdischen Wucherer, die jüdischen Börsianer, die jüdischen Pleitemacher, die jüdischen Zeitungsschreiber, dann gäbe es auch eine unparteiische öffentliche Meinung, eine beiderseits unbeeinflußte Unter­scheidung zwischen gut und böse, dann gäbe es aber auch keinen Antisemitis­mus, oder er hätte seine soziale Bedeutung verloren uud müßte sowohl vom religiösen als vom philosophischen Standpunkt unbedingt verworfen werden.

In Osterreich sind etwa 70 Prozent aller abgestraften Wucherer, im Kron­lande Galizieu 85 Prozent Juden. Diese Zahlen wären noch größer, wenn nicht das Wuchergesetz so unvollständig wäre, und wenn es strenger gehand­habt würde. Ich kenne aus meiner Advokaturpraxis eine Unzahl jüdischer Dorfwucherer, die bis jetzt unbestraft sind. Die Dorfschcnken, wo der Bauer durch Fusel den Zwecken des Wucherers willfähriger, ja eigentlich willenlos gemacht wird, wo Grund und Boden, Vieh und Getreide auf dem Halm dem lächelnden Dorfschenken oder seinemGeschäftsfreunde" verkauft werden, sind alle in den Händen von Juden, und zwar von solchen, die nach einem Jahr­zehnt das Gut pachten und nach einem zweiten das Gut, wo sie ihre Laufbahn so klein begonnen hatten, meist um einen Spottpreis erstehn. Während der frühere Eigentümer durch wucherische Zinsen, durch gewagte Holzgeschäfte, ln die er sich auf Anraten seines Hofjuden eingelassen hatte, u. s. w. zu Grunde gerichtet ist und in die Stadt zieht, um sich dort eine kümmerliche Existenz zu gründen, oder wohl gar zu reichen Verwandten seine Zuflucht nimmt, schwingt sich der frühere Dorfwucherer und Pächter zum Gutsbesitzer auf, wird wohl