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Der Untergang der alten Welt
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Der Untergang der alten Welt

Adel von Trier cm, die Römer hätten ja den ewig hadernden gallischen Völker­schaften den Frieden gebracht, den sie selber niemals hätten aufrichten können. Aber im Innern dieser scheinbar glänzenden Blüte saß doch der Wurm. Mochten auch die Provinzialverwaltungen her Kaiserzeit milder sein, als die Paschawirtschaft der republikanischen Statthalter, der unnatürliche Zustand, daß der beste Teil der materiellen Volkskraft in der Form von Steuern in die Taschen der Kapitalistengesellschaften und in die Regieruugskasfen uach Italien abfloß und der Bevölkerung, die sie aufbringen mußte, größtenteils verloren ging, und zwar Jahrhunderte hindurch, blieb doch eben anch in der Kaiserzeit aufrecht. Die Provinzen litten gewissermaßen an chronischer unheilbarer Blut­armut, Rom und Italien an einer ungesunden Blutüberfüllung. In sinn­losem Luxus und üppiger Schwelgerei wurde hier vergeudet, was aus den Provinzen herzuströmte; der noch in seinen Trümmern bewunderte und be- wundrungswürdige Glanz des kaiserlichen Roms war doch eben das Ergebnis eines schweren Krankheitszustandes der gestimmten alten Welt und diente fast lediglich dem Luxns, setzte also eine zahlreiche Bevölkerung voraus, die nur dem Vergnügen und welchem Vergnügen! lebte, Schmarotzer am Mark der Provinzen. Nur das genießende, nicht das wirtschaftlich produktive Zen­trum des Reichs war Rom, eine Welthauptstadt ohne Industrie und ohne Aktivhandel, eine einzige Erscheinung in der Geschichte so gut wie das römische Reich selber.

Im griechischen Osten hat nun die römische Finanzwirtschaft verbunden mit dem römischen Kapitalismus den in vielen Strichen längst eingetretnen wirtschaftlichen uud sozialen Verfall nur beschleunigt. Am schlimmsten tritt er im eigentlichen Griechenland hervor. Infolge der kriegerischen Verheerungen, der Verschiebung der Handelsverhältniffe, daher aller wirtschaftlichen Bedin­gungen und der Auswanderung nach dem hellenistischen Osten schmolz die Be­völkerung zusammen. Kaum dreitausend Hopliten, schreibt Plutarch unter Hadrian, also in der sogenannten blühendsten Zeit des Kaisertums, könne Griechenland (offenbar nach dem Vermögensmaße der klassischen Zeit) ins Feld stellen. Ebensoviel« hatte das kleine Megara allein zur Schlacht von Platäü gesandt I Da erklärt es sich, wenn sich auch hier der Grundbesitz in den Händen weniger Herren zusammenballte. Schon zur Zeit des Augustus gehörte die ganze Insel Kythera (Cerigo) einem einzigen Grundherrn, einem römischen Bürger griechischer Abkunft. Ein andrer kaufte um dieselbe Zeit ganz Salamis, um es der athenischen Bürgerschaft zu schenken, und am An­fange des dritteu Jahrhunderts besaß ein reicher Privatmann die ganze Insel Kos, damals eine fast menschenleere Einöde. Theben war schon am Anfange der Kaiserzeit ein Dorf, und in Attika gab es, wie ein Römer sagt, mehr Statuen vvn Göttern und Heroen als lebende Menschen- Weit besser sah es allerdings in Kleinasien, Syrien und Ägypten während der Kaiserzeit auH;