Nie Vorbildung der höhern Lorstbeamicii, besonders in Preußen
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So ist es auch mit unserem Forstfach. Eine gründliche theoretische Bildung soll der Wirtschaft die Wege ebnen. Dazu haben wir unabhängige Männer der Forschung nötig lind einen Unterricht, der den Geist kritisch schärft nnd einen freien Überblick über die Wissenschaft gewährt. Mit Lexikon uud Katechismuswissen ist der Wissenschaft nicht gedient, wenn sie fortschreiten und nicht im Autoritätsglauben erstarren soll.
Den nichtforstwissenschnftlichen Dozenten ist vorgeschrieben: „Der Unterricht in den Grund- und Nebeuwisseuschafteu ist mit spezieller Beziehung auf die Forstwirtschaft zu halten uud nicht weiter auszudehnen, wie es notwendig ist, um die zu einer rationellen Bewirtschaftung der Forsten erforderliche wissenschaftliche Grundlage zu erlangen." In einer andern Vorschrift für das Bestehen der Prüfung wird verlangt, daß der Prüfling „ein genügendes, wissenschaftliches Fnudameut für seine weitere, praktische Ausbildung gelegt hat, nnd das; er im ganzen zu der Erwartung berechtigt, er werde sich zu einein brauchbare» Verwaltuugsbeamteu heranbilden."
Wir sehen, der Unterricht und schon die erste Prüfung läuft zum großen Teile auf die Praxis hinaus. Die wissenschaftliche Bedeutung der Akademie wird dadurch sehr herabgedrückt, und bis zur Erklärung Pfeils (die Algebra ist dein Forstmanne entbehrlich, und der Unterricht darin ist zur forstwirtschaftlichen Ausbildung eher nachteilig als vorteilhaft) ist nur noch ein Schritt. Es ist doch eiulenchteud, daß dem Forstmann, der sich die allgemeine Grundlage der Chemie, Physik, Mathematik, Zoologie und Botanik erworben hat, die Anwendung ans sein Souderfach leicht fallen muß. Dieser Gedanke ist als Grundsatz in der entsprechenden Verordnung für Sachsen zum Ausdruck gebracht worden. Das Studium soll bewirken, daß die „Forstleute zur rationellen Ausübung ihres Berufes fähig werden, und die Entwicklung der Forstwissenschaft gefordert werde." Wie uud wie weit dieser Zweck erreicht wird, sei dahingestellt; es sei nur der Widerspruch angedeutet, der in der preußischen Bestimmung über die grundlegenden Fächer liegt. Das Fundament kann sich nur dann nach dem künftige» Gebäude in Ausdehuung nnd Tiefe richten, wenn das Gebäude selbst im Plane fix und fertig ist. Das ist nun aber bei unserm Bauwerke, der Forstwissenschaft, nicht der Fall und soll uud darf nicht der Fall sei». Daß aus didaktische!? Gründen auf der Akademie sowohl wie ans der Universität Beispiele und Übungen stets den Vortrag begleiten, ist selbstverständlich, aber verschieden von der erstgenannten Vorschrift. Der Kampf zwischen Bvrggreve nnd Heyer wäre uie in so persönlicher Weise ausgeartet, wenn auf beiden Seiten die gleichen mathematischen Kenntnisse vorhanden geweseu wären. Später verfuhr Borggreve iu gewisse» Fälleu thatsächlich »ach Heherscher Formel; uud was theoretisch richtig ist, muß auch iu der Anwendung richtig sein, wenn beide male dieselbe» Faktoren mitwirken.
Grenzliowi II 1892 9