Maßgebliches und Unmaßgebliches fi^Z
umschwebt, wird in Götterselbstgefühl jedes Tags genießen! oder der römisch-dentsche Elegiker: Welchen Amor empfiehlt, köstlich bewirtet ist er! so ist dies welcher widernm gutes, altes, doch nun ziemlich abgestorbnes Deutsch. Gar prächtig klingt es in der Warnung des Donauweibs (an Hageu) svvslno äar Mrttemt, (alle die ins Heuuenland reiten), Äis tuü>gn.k äcm tSt an Ä6>- darrt. Aus Luthers Bibel tönt es noch zu nns herüber: Welchen der Herr lieb hat, den züchtiget er. Das Volkslied kennt bis auf den heutigen Tag gar kein andres (relativisches) welcher. Und welcher mit mir reiten wil, der mach sich auf die fart — Welchers nit glauben welle, der darf nit komm her — Welcher ein lieben bulen hat, mag wol mit freuden singen. Aber bei dem Mann der Venezianischen Epigramme, »welcher die Wunder gethan«, oder der feurigen Qnal, »welche die Seelen durchfegt«, oder dem Mädchen dem eilenden, »welche verstohlen freundlich mir streifet den Arm«, 'dient welcher, wie so häufig auch bei Voß, lediglich zur Füllung des antiken Versschemas." Also auch Schröder, den Herr Prof. Bechstein ja gelten läßt, kommt genau zu demselben Ergebnis, daß welcher (als gemeines Relativum) im Volksliede gar nicht vorkommt, im Hexameter nnr als Versfüllsel. G, w.
Schlechte Nasse. Eine „nette" Stadt ist doch Berlin! Und ganz besonders „nett" die gefiederte Welt, die sich auf dem dortigen Parnaß breit macht. . O heiliger Apoll und all ihr Mnsen, was müßt ihr dort erleben! Natur! Natnr! heißt es; aber was sür eine Natur? Aus der Gesellschaft werden uns realistische Ausschnitte gebracht; unsre „Familienblätter" bringen sie, und unsre Frauen und Kinder lesen sie. Aber was für eine „Gesellschaft" ist das?
Die Grenzboten haben schon neulich ihrer Entrüstung über die in der Zeitschrift „Vom Fels zum Meer" erschienene Novelle Sudermanns „Das Sterbelied" Lnft gemacht und haben damit gewiß allen anständigen Menschen ans der Seele geschrieben. Heute müssen sie auf ein Machwerk ähnlicher Art hinweisen, auf Paul von Schvnthcms „Schlechte Rasse," eine Novelle, die „Nord und Süd" in seiner Dezcmbernummer an erster Stelle gebracht hat.
Die Heldin ist wieder eine Dirne, und zwar eine, die es schon lange treibt. Wir werden in ihren Salon geführt. Wir nehmen Teil an einem Geburtstage. Eine andere Dirne und eine Anzahl „Lebemänner" benehmen sich dort so, wie man sich wohl an solchen Orten benimmt. Es ist ja für unsere „Lebemänner" das höchste ans der Welt, eine „solchene," wie der Wiener sagt, ganz, oder wenn das nicht geht, zn einem Viertel oder doch zu einem Zwanzigstel zu „besitzen."
Der König in diesem Vennsberg ist natürlich der Jude. Der hats, der kcmns bezahlen. Vor dem Juden liegt jn heute Alles anbetend auf dem Bauche, uud nicht zuletzt unsre Schriftsteller. Der Jnde ist auch der eigentliche Held der Novelle. Wir bekommen ihn in seiner ganzen Herrlichkeit, in seinem ganzen Siegerglück vor Augen gestellt. Wir sehen ihn in allen „Stadien" seiner „Liebe." Es wird uns nichts geschenkt. „Seine Hände waren gerötet, das Gender trat hervor, und Sidonie erschrak sogar, als er mit seinen heißen Fingern ihren kühlen Arm umspannte." Wir hören seinen „Antrag." Wir erfahren alles, alles, wie er ihr zusetzt, „nett" zu sein, wie oft er „Quatsch" sagt, wie er des Morgens aus ihrem Schlafzimmer kommt. Das ist Natur, das ist Wahrheit, das ist Leben!
Damit nun die Sache nicht gar zn ekelhaft erscheint, wird die Sünderin tugendhaft gemacht. Tugendhafte Dirnen, das ist ja schon seit Jahrzehnten das abgeleierte Pariser Thema, das wir Deutschen uns immer wieder als das „Neueste" vorsetzen lassen.