Zu den Sprachdmnmheiten 585
nicht einzeln habe danken können, herzlichen Dank zu sagen, daß sie an dem Buche so lebhaften Anteil genommen haben. Daß ich alles, was mir an sachlichen Mitteilungen zugegangen ist, aufs gewissenhafteste verwerten oder berücksichtigen werde, wenn sich über kurz oder lang eine Neubearbeitung nötig inachen sollte, brauche ich wohl nicht zu versichern.
Natürlich hat es neben dem Lob und Dank auch nicht an Tadel, selbst nicht an Schmähungen gefehlt. Wer so viel Schläge austeilt, wie ich ausgeteilt habe, muß sich darauf gefaßt machen, daß er wieder welche bekommt, daß namentlich von denen, die sich getroffen fühlen, mit Argusaugen nach Fehlern gespäht, über jede kleine Blöße hergefallen, jeder kleine Irrtum aufgebauscht, aus jeder Mücke ein Elefant gemacht werden wird. Darüber bin ich mir, als ich das Buch hinausgab, vollkommen klar gewesen.
Von fünf Seiten her namentlich mußte ich mich auf Angriffe gefaßt machen: von den Zeituugsschreiberu — ich meine es nicht böse, wenn ich das deutsche Wort brauche—.von den Juristen, von den Juden, von den Schulmeistern und vou den Professoren. Die Zeitungen hatte ich als die Hauptursache der Verwilderung unsrer heutigen Schriftsprache hingestellt. Die Juristen konnten sich verletzt fühlen durch die Behauptung, daß unser Zeitungsdeutsch vor allem deshalb so schlecht gewordeu sei, weil es gauz und gar in die Bahnen des konventionellen, immer breitspurigen, wortreichen, wichtigthnenden Kanzleistils, der Leibsprnche der Juristen, gerate» sei. Der jüdischen Presse insbesondre hatte ich einen Teil der zunehmenden Fehlerhaftigkeit unsrer Schriftsprache zur Last gelegt. Die Schulmeister tonnten sich beleidigt fühlen weniger durch den Vorwurf, daß es au unsern höhern Schulen bisher an einem wirklichen deutscheu Sprachunterricht gefehlt habe, denn dieser Vorwurf trifft ja nicht sie, sondern die Einrichtungen, als durch gelegentliche spöttische Bemerkungen über Schnlmeisteraberglanben u. dergl. Die Professoren endlich, insonderheit die Germanisten, konnten empört sein über die ketzerischen Meinungen, die ich über die Sprachwissenschaft und ihre einseitigen (naturalistischen) Anschauungen über Wesen und Entwicklung der Sprache geäußert hatte.
Am vornehmsten habe» sich die journalistischen und die juristischeu Kreise verhalte». Die Tagespresse — mit Ausnahme der jüdischen — hat die ,,Sprachdummheiten" mit wahrhaft bewundernswürdiger Unbefa»genheit beurteilt. Obwohl ihr die heftigsten Vorwürfe dariu gemacht sind, hat sie sich fast nirgends beleidigt gezeigt, sondern die Berechtigung der Vorwürfe rückhaltlos anerkannt, dabei nnr zu ihrer Entschuldigung auf die Schwierigkeiten hingewiesen, mit denen sie bei der Herstellung ihrer Erzeugnisse zu kämpfen habe, im übrigen möglichste Besserung gelobt und vor allem durch warme Empfehlung außerordentlich zur Verbreitung des Buches beigetragen. Einzelne Zeitungen, in deren Redaktionen oder unter deren Mitarbeitern sich zufällig Männer befanden, die in derselben Richtung wie ich beobachtet und Grenzbottn I 74