Die Schlacht bei Marathon
Die semitische Herrschast über die östliche Welt wurde von den iranischen Persern zertrümmert, Ihr Streben nach Erweiterung des Reichs mußte naturgemäß uach Westen, nicht nach Osten gerichtet sein. Das ägeische Meer mit seinen Buchten und Küsten, eine Seestraße der Völker, wie sie nicht günstiger gedacht werden kann, lockte die neuen Herrscher mit derselben Gewalt, die ihre Vorgänger in der Herrschaft nach Griechenland und noch weiter westlich getrieben hatte. Sie übernahmen zugleich die Erbschaft der Phöniker mit den Bestrebungen der allmählich von ihnen unterjochten Griechen Kleinasiens: was in den persisch gewordnen Griechcnstädten der Gegenwart und ihrem Genusse lebte, suhlte sich zu Persien hingezogen. Für die fortwährenden innern Zwistigkeiten und Parteiungen hatten sie eine im ganzen milde und gerechte Knechtschaft, statt unsicherer Verhältnisse Ruhe und Stetigkeit des äußern Lebens eingetauscht. Hatten sie früher die Gewaltherrschaft eines Einzelnen oder die unberechenbare Souveränität der mir zu oft verblendeten Vürgergcmeinschaft abwechseln sehen, so genossen sie jetzt die Vorteile eines großen, im Frieden befestigten Reichs nnd waren sehr wohl geneigt, ihren Handel uud die ihn beschützenden Einrichtungen über den Archipelagos nach dem Mutterlande zu tragen. Die persische Herrschaft hatte nichts von der modernen Unifvrmitüt der Verwaltnngseinrichtungen, die Unterwvrfnen behielten ^ in vcrschiednen Graden und je nach der augenblicklichen Sachlage - die gewohnten Formen staatlichen Lebens; konnte Dareios Athen und Sparta dazu bewegen, seine Oberherrschaft anzuerkennen, so hätten dort republikanische Einrichtungen, hier die Zweikönigsherrschaft ohne irgend welche äußere Störung weiter bestehen können.
Wären die Atheuer nichts weiter gewesen als kluge Kaufleute, so hätten sie sich die persische Oberherrschaft in irgend einer Weise gefallen lassen, der Peloponnesische Krieg wäre nicht gekümpft worden, kein Alexander Hütte Persien unterjocht, und Griechenland wäre mit den andern persische« Provinzen in ähnlicher Weise römische Provinz geworden wie Kleinasien oder Ägypten. Ströme von Blut wären nicht geflossen, kein Simonides hätte von den Kämpfen von Thermvpylci gesungen, kein Aischylvs sich an den Perscrkricgen begeistert —- kurz, griechische Kuust uud griechische Poesie wären nicht erwacht, wie sie nach den Tagen von Platää und Salamis erwachten, um der griechischen Welt den Inhalt zu geben, dnrch den sie innerlich Rom bezwäng uud uus bis heute mittelbar oder unmittelbar beherrscht. Vor zwanzig Jahren hätte man solche Betrachtungen nicht anssprechen können, denn damals waren sie trivial, weil sie jeder Gebildete im Herzen, wenn auch nicht ans der Zuuge hatte; heute sind" zwar Jlms und Odyssee in der Prima der preußischen Gymnasien „thunlichst ganz zu lesen," aber „so weit dies in der Ursprache uicht möglich ist, sind behufs Ergänzung von dem Lehrer gute Übersetzungen heranzuziehen" (Lehrpläne u. s. w. 1892, S. 30). Unsre Söhne brauchen