550 Aus dänischer Zeit
Edikt des Bürgermeisters. Ob es sich an die Intelligenz der Bürger wandte, weiß ich nicht; es schädigte aber unsre Unterhaltimg, da es das Poltern mit strengen Worten ein für allemal verbot. Wahrscheinlich war etwas Gesetzwidriges an irgend einem Polterabend geschehen, etwas, woran wir nicht beteiligt waren, und wofür wir nun büßen mußten. Und wieder drohte der Bürgermeister mit dem Gefängnis allen denen, die beim Poltern vom Polizeidiener Weber ergriffen werden würden, mit dem Zusätze, daß diese Gefängnisstrafe verschärft sei. Verschärft! Es gruselte uns doch leise, und wir dachten voller Abneigung an den holsteinischen Kollegen Lauritzens, an den Polizeidiener Weber. Der war sehr viel unfreundlicher als der Däne, er war groß und stark, konnte schnell laufen und hatte so große rote Hände, daß der Gedanke, von ihnen gepackt zu werden, selbst den größern Brüdern nicht erfreulich erschien. Wir hatten schon öfter gesehen, wie er ein paar arme Sünder vor sich hergestoßen und in seiner derben holsteinischen Sprache ausgescholten hatte; vielleicht schleppte er nns nun auch bald davon! Und dabei war die Gartenecke herrlich voll, nicht bloß von Scherben, sondern auch von unversehrtem Geschirr. Im Hinblick auf ein bevorstehendes großes Hochzeitsfest hatte Heinrich schon lange gesammelt und sich vou verschiednen Freunden und Freundinnen leere Weinflaschen, Buttertöpfe und andre Herrlichkeiten schenken lassen. Besonders stolz war er auf eine Suppenterrine. Er hatte sie auf einem gelegentlich unternommenen Nanbzuge im Hause der Großeltern mitgenommen und lächelte vergnügt, als wir schließlich keinen Schaden an ihr entdecken konnte». Der Deckel hatte einen Riß, erklärte er, und Großvater mag nichts Kaputtes leiden! Obgleich wir diese Abneigung unsers kurzsichtigen Großvaters noch niemals bemerkt hatten, war uns Heinrichs Grund doch sehr einleuchtend. Was aber nützten uns alle Suppenterrinen der ganzen Stadt, wenn uns Polizeidiener Weber als strafender Engel der Gerechtigkeit das Vergnügen verdarb, den Brautleuten nnsre Teilnahme zu bezeugen? Denn man glaube nnr nicht etwa, daß das Poltern im Publikum unbeliebt gewesen wäre: im Gegenteil, die meisten Bräute faßten es als eine UnHöflichkeit auf, wenn an ihrem Polter abend kein Lärm vor dem Hanse entstand, und die Aufforderung: Nicht wahr, ihr poltert doch bei mir? war so oft an uns gerichtet worden, daß wir uns einer Nachlässigkeit schuldig zu machen glaubten, wenn wir einein Polterabend fern blieben. Besonders die wohlhabenden Leute, denen eine zerschlagene Hausthür keinen Kummer bereitete, luden uns geradezu zum Poltern ein, wenn sie auch der Obrigkeit gegenüber diese Einladung nicht eingestehen wollten. Bei dieser großen Hochzeit nun, die in der Stadt bei dem wohlhabenden Landwirt Hermenstein stattfand, mußte unbedingt gepoltert werden, trotz des Verbots und trotz des Polizeidieners. Heiurich war Hausfreund bei Hermensteins. Zu jedem Schweineschlachten wurde er feierlich eingeladen; neulich hatte er sogar den Schwanz eines der Schlachtvpfer halten dürfen, ein Vertraueusnrnt. um