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Das Verhältnis der Sittlichkeit zu Christentum, Staat und Kirche : geschichtsphilosophische Gedanken 15 :
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Das Verhältnis der Sittlichkeit zu Christentum, Staat und Kirche

zu ehrlich und gutmütig war, bald abwandte, so wagte es das Stadtministerium, ihn und seine Amtsgenossen wegen eines geringfügigen Anlasses zu exkommu- nizircn. Während noch über die Wirkungen dieses Bannes verhandelt wurde, verbreitete sich im Mai 1604 plötzlich das Gerücht, Brabant sei auf dem Ägidienkirchhofe von einem Raben verfolgt worden; dieser Nabe besuche ihn auch im Hause, Bei dem damaligen Staudpunkte der deutschen Kultur drohte solch ein Gerücht dem, gegen den es ausgebracht ward, au Leib und Leben Gefahr; denn daß ein Nabe, der einen Exkommunizirten besuchte, niemand anders als der Teufel sei, verstand sich von selbst. Brabant hielt es daher für nötig, unter dem Titel: Rabentand eine Verantwortung drucken zu lassen." Aber seine Feinde Preßten einem Bürger, der sich ungerecht behandelt glaubte und die Obrigkeit bedroht hatte, auf der Folter durch fürchterliche Martern das Geständnis aus, er sei von Brabant angestiftet. Nuu wurde zur Ver­haftung der Bürgcrhauptleute geschritten. Brabant entkam zwar, brach aber beim Sprunge von der Stadtmauer ein Bein nud wurde zurückgeschleppt. Über die Fvlternng der Bürgerhauptleute und ihrer Genossen erzählt Mcnzel: Sie wurden in der Art verhört, daß man jedem befahl, auf alle Fragen, die ihm vorgelegt würden, ja zu sagen. Zögerte einer, so wurden ihm die Hände mit Darmsaiten so fest auf den Rücken gebunden, daß das Blut aus den Ein­schnitten in Strömen herunterfloß und nnter den Nägeln hervorquoll. Dann wurde der Jnquisit zum zweitenmale befragt. Waren seine Antworten noch nicht befriedigend, so wnrde ein Strick mit einem Haken von der Decke der Marterkammer herabgelassen, der Haken in den Verband der Hände geschlagen und der Gemarterte an der Rolle in die Höhe gezogen." Dem Brabant wnrde dabei ein Arm ausgerisfen; auch nn dem gebrochuen Beine wnrde er gemartert. Da der Hängende nnn gewöhnlich in Ohnmacht fiel und gar nicht antworten konnte, so wurden ihm, unter dem Vorwande der Verstocktheit, die spanischen Stiefeln angelegt nnd die Füße zermalmt. Jetzt erwachte der Gemarterte gewöhnlich aus seiner Betäubung und schrie, daß er zu allem ja sagen wolle. (Noch stärkere Zumutungen der Nichter wies der Henker mit der Bemerkung ab, er müsfe seine Seligkeit bedenken.) Solch ein Verhör war ein Fest für die deputirten Mitglieder des Gerichts. Dieselben saßen auf grünen Polstern an einem grün beschlagnen Tische und thaten sich auf Kosten der Kämmerei in einem Seitenzimmer an Wein und Konfekt so gütlich, daß sie entweder wie wütend wurden oder schlaftrunken auf das Gesicht sanken, während der Ge­marterte um der Wunden Jesu willen nur um einen Tropfen Wasser oder um einen Augenblick Erleichterung flehte. Zuweilen blieb er sechs, acht, ja neun Stunden mit kurzen Pausen in den Rollen hängen, bis die zum Schmause abgetretnen NichtHerren wiedergekehrt waren, oder indem ihm die Artikel des Verhörs mit größter Umständlichkeit vorgelesen wurden. War endlich das Verhör zu Ende, und hatte der Henker die Schnlterknvchen wieder eingesetzt,