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Albrecht Dürer
von Uonrad Tange (Schluß)
eiliger überzeugend ist es, wenn Springer auch die beiden berühmten Kupferstiche des folgenden Jahres s1514), Hieronymus im Gehäus und die Melancholie, auf Erasmus zurückführen will. Er begründet dies in folgender Weise: „Das? Dürer die volkstümlichste Schrift des Erasmus, das Lob der Narrheit, kennt, beweisen zwei mit der Feder gezeichnete Blätter in dem Pestcr Nationalnruseunl, auf welchen offenbar einzelne Aussprüche der Narrheit illustrirt sind. Im Lobe der Narrheit nun wird vielfach die Thorheit der Weisheit, das Glück der erstern den Kümmernisfen, welche die Weisheit, das ungewisse Streben nach Wissen, bereitet, gegenübergestellt. Erasmus spottet der Philosophen, die nur in Wolkenkukuksheim zu Hause siud, die Schranken der natürlichen Erkenntnis mit Gewalt durchbrechen, auf ihre Dreiecke, Vierecke, Kreise und was es sonst an geometrischen Figuren giebt, pochen, mit Hilfe von geheimen Künsten und Zaubermittclu in das Innerste der Dinge eindringen wollen. Glücklich war das goldne Zeitalter, wo man nicht grübelte, sondern einfach den Eingebungen der Natur folgte, unglücklich sind Menschen, welche von der Leidenschaft, alles wissen zu wollen, ergriffen werden. Mit dem Wissen steigen die Bedrängnisse, Trauer wohnt im Herzen des Weisen, große Weisheit ist von großem Unmnte begleitet. Glückseligkeit genießen jene allein, deren Geist der Welt entrückt ist, welche ganz von dem wirklichen Leben sich abgezogen haben. . . Und merkwürdig: In den Randzeichnungen, welche Holbeiu einem Exemplare des Lobes der Narrheit hinzufügt, wählt er zum Vertreter der Glückseligen nnf Erden den heiligen Hieronymns. Gleichviel, ob Holbein den Stich Dürers kennt oder nicht, jedenfalls war also der durch Erasmus Bibelerklärungen in den Vordergrund gerückte Kirchenvater in jenen Tagen als Typus eines ruhigen, gvttseligen Lebens eine volkstümliche, leicht verständliche Gestalt. Vielleicht flogen Dürer noch von andrer Seite ähnliche Anregungen zu. Das Ringen nach Erweiteruug der Erkenntnis, die Leidenschaft des Forschens, dann wieder der Kleinmut über die engen Grenzen des Wissens,