liehen Parteien vergebens. Gehen sie auch in solche über, sv ist doch der Redakteur durch die Rücksicht auf sciueu Verleger gezwungen, das allzil aufregende zu streichen. So erhalten also die Regiernngen wenigstens ans diesem Wege Kenntnis davon, daß im deutschen Reiche Zustände vorkmnmen, die schlechterdings unhaltbar sind. Und wenn die zahlreichen Skandale, durch die sich >die „bessere Gesellschaft" im vergangnen Jahre ausgezeichnet hat, von den Sozialdemokraten gründlich ausgebeutet werde», sv mag ihnen diese bessere Gesellschaft dafür nur dankbar sein, denn ihre eigne Presse darf es selbstverständlich nicht wagen, ihr den Spiegel vvrzuhalten.
Sehr interessant sind die Berichte der ausländischen „Genossen," nnd zwar darum interessant, weil sie nur bestätige», was wir schvu aus andern Quellen über die sozialistische Bewegnng in den übrigen Staaten erfahren habe»; wen» Frennd und Feind über einen Gegenstand dasselbe sagen, dann mnß es wohl richtig sein. Sehr nnznfrieden sind die entschiednen Sozialisten mit den Arbeitern in der Schweiz uud iu den Vereinigten Staaten. In einem Schreiben ans der Schweiz heißt es: „Die verhältnismäßige Freiheit, die wir in gewisser Hinsicht genießen, hat leider dazu beigetragen, den Gang der Bewegung und den Fvrtschritt der Organisation zu verlangsamen. Der Druck, den eine Gesetzgebung, die auf die Wünsche des Volkes kaum Rücksicht nimmt, auf die Masse» ausübt und sie zum Zusammenschluß und zum gemeinsamen Vorgehe» veranlaßt, ist bei »»s viel schwächer als in Dentschland; unsre Verfassung räumt uns einige Freiheiten ein, daher kvmmt unser Freiheitsdusel. Das ist der stärkste Nachteil, den unsre Institutionen mit sich bringen." Über dasselbe Übel eiuer zu großen Freiheit wird in den Vereinigten Staaten geklagt uud außerdem darüber, daß die dortigen Arbeiterführer „weit hinter den Anschauungen der klassenbewußten deutscheu Arbeiter zurückstehen." Das erklärt sich leicht genug aus zwei Umständen. Erstens drücken die amerikanischen Knaben die Schulbauk nicht so lange, werden weniger zum Grübelu als zum Arbeiten erzogen, vder vielmehr überhaupt nicht erzogen, sondern ihrem guten Glück und der Tüchtigkeit ihrer Häude überlassen. Und zweitens erfreue» sich die dortigen Arbeiter durchschnittlich immer noch einer bessern Lage als die europäischen, vbwvhl die Zeit, wo Land billig uud Arbeit gesucht, daher teuer war, längst vorüber ist. Auch der von unsern Sozialisten hart geschvltene Kongreß der ^insrivirn ^säciration ot I^ldcmr klagt: „Hente giebt es kein Gewerbe, bei dem nicht übermäßig viel Arbeitskräfte angeboten würden." Der oben genannte Gewerkschaftsverein ist die eine der beiden großen Arbeiterorganisationen Nordamerikas, Powderlys XinZIcks ok I^Kour bilden die andre.
Das Königreich Sachsen hatte schon in den Jahren 13^1 bis 18^5 — soweit reichen die Tabellen in A. von Ottingens Moralstatistik zurück — unter allen Staaten Europas die höchste Selbstmordzifser. Darüber wundern kann sich niemand, da man ja weiß, wie dichtbevölkert das Land, wie knapp also