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Albrecht Dürer
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Albrecht Dürer

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dem wohlbeleibten alten Türken, der hilflos am Ufer des breiten Stromes hin und her läuft, während am jenseitigen Ufer (?) Dejanira gemütlich in den Armen eines Flußgottes ruht, Herkules zu erkennen." Mich kostet das auch große Mühe, znmal da in dem Kupferstich so gut wie nichts mit der Erzählung übereinstimmt, wonach Herkules den Kentauren Nessus mit dein Pfeile tötet, weil er sich beim Übersetzen über einen Fluß an Dejanim vergreift. Auch wissen wir ja aus andern Kupferstichen der Zeit und einem Gedichte des Hans Sachs, daß man sich im sechzehnten Jahrhundert diese Geschichte voll­kommen korrekt und der antiken Schilderung entsprechend vorstellte.

Die richtige Deutung desMeerwuuders" habe ich vor einem Jahre gegeben."') Der Humauist Poggio erzählt iu seinen Facetten, die um 1438 entstanden sind uud bis zum Jahre 1500 in nicht weniger als sechsundzwanzig Auflagen, auch deutschen, verbreitet waren, folgende Geschichte:Kürzlich wurde die Nachbildung eines Seewnnders (inouLtrum iimrinum), das an der Küste von Dalmatieu gefunden worden ist, nach Ferram gebracht. Oberhalb bis zum Nabel hatte es menschliche Gestalt, von da au abwärts die Gestalt eiues Fisches, und zwar so, daß der untere in einen Fisch ausgehende Teil zwie- gespalten war. Der Bart hing weit herab, über den Ohren ragten zwei horn­artige Auswüchse hervor. Die Brüste wareu dick, das Maul breit, die Hände hatten nur vier Finger. Von den Händen bis zu den Achseln und am untersten Teil des Bauches ragten Fischflosfen zum Schwimmen hervor. Man erzählt, es sei in folgender Weise gefangen worden. Es waren mehrere Frnueu am Ufer beschäftigt, Leinen zu waschen. Zn einer von ihnen kam das Fischweseu heran und suchte sie, wie es heißt, um sie zu fressen, mit den Händen au sich zu ziehen. Sie aber, indem sie sich widersetzte das Wasser war nämlich seicht, rief mit lautem Geschrei die übrigen zur Hilfe herbei. Indem sie nun, fünf au der Zahl, herbeiliefen, schlugen sie das Ungeheuer, dn es nicht in das Wasser zurückkonnte, mit Knüppeln und Steinen tot. Aufs Land ge­zogen, bot es den Beschauern einen schrecklichen Anblick dar. Sein Körper hatte etwas übermenschliche Länge und Dicke. Eine Nachbildung davon aus Holz, die nach Fcrrara gebracht worden ist, habe ich gesehen.""") Eine ganz ähnliche Geschichte sollte sich im sechzehnten Jahrhundert nicht weit von Dalmatien, in Epirus, zugetragen haben.°^)Au einer Quelle, zu der sich die Frauen aus dem Städtchen zu begeben pflegten, um Wasser zu hole», lauerte ihnen

*) Der Papstesel, Ein Beitrag zur Kunst- und Kulturgeschichle des Neformntions. zeitalterS. Göttinnen, 18vl. S. 2t.

**) ?uW>t I'Iorslltioi Nsostiaram Ubvr. <ür»<wvi«,v, 1692, S, 29. «-5) Weinrich, Du nrw mo»»w,ram. 1595, Bl, 60b. Vgl. auch .Iog.uuis Kusebü Murombsr^i Mxlritvusis Iliswrin, iiÄwMis. 1635, S. 81. Beispiele für denselben Aber­glauben giebt es iu der Litteratur des fünfzehnten, sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts in großer Menge. Er knüpft natürlich an die antiken Tritonen und Nereiden an.