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Albrecht Dürer
Verhandlungen und Urteilen ist aber die Sache noch nicht abgethan. Schon bei der ersten Verhandlung hatte das Kannnergericht durch Gerichtsbeschluß angeordnet, daß die Verhandlung zunächst auf den Grund des Anspruchs beschränkt werden solle. Darnach ist denn auch bis jetzt nur über den Gruud des Anspruchs entschieden worden. Über den Anspruch selbst, d. h. über die Frage, welchen Betrag die Verklagten der Klägerin als Entschädigung zu zahlen haben, muß nun noch ein neuer Prozeß geführt werden. Der Entschädigungsanspruch wird schwer zu begründen sein; und wenn es der Klägerin nicht gelingen sollte, nachzuweisen, daß ihr überhaupt ein Schaden zugefügt worden sei, so würde auch der ganze bisherige Prozeß um nichts geführt sein. Kommt es aber zu dem neuen Prozesse, so kann dieser wieder eben so lange dauern und eben so oft durch die Instanzen laufen, wie der bisherige. Er kann dann auch ebenso teuer, und wenn Beweisverhandlungen gepflogen werden, noch weit teurer werden.
Das sind die Segnungen des heutigen Rechtsverfahrens und der heutigen Jurisprudenz.
Albrecht Dürer
von Konrad Lange
er größte Künstler Deutschlands hat einen neuen Biographen gefunden. Anton Springer hat uns noch kurz vor seinem zu frühen Tode mit einer Biographie Dürers beschenkt.^) Wie manchmal mußte ich beim Lesen des Buches zurückdenken an den Winter 1876/77, wo der gefeierte Lehrer, damals noch in voller Kraft, vor seinen Leipziger Schülern ein Bild von Dürers Schaffen entwarf, nicht dasselbe, das jetzt vor uns liegt, aber ein ebenso fesselndes, belebt noch durch den Zauber seiner Rede, seines ganzen Wesens. Von neuem ist mir dabei wieder klar geworden, daß Springers Bedeutung nur zum geringern Teil in seinen Schriften weiterlebt. Von der plastischen Kraft und Eindringlichkeit seiner Sprache giebt das gedruckte Wort nur einen schwachen Abglanz. Mit seiner ganzen Persönlichkeit trat er ein für das, was er sagte. Nicht leere Thatsachen wollte er mitteilen, sondern Überzeugungen, Gefühle. Nur wer sich dessen immer bewußt bleibt, hat das Recht, an seinen gedruckten Worten Kritik zu üben.
*) Albrecht Dürer von Anton Springer. Mit Tafeln und Illustrationen im Text, Berlin, Grotische Verlagsbuchhandlung, 1892. (134 S.)