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dem Gesandten ans Fenster. Er erblickte die von Unteroffizieren getragnen Trophäen, rief den dienstthuenden Adjutanten und fragte ihn, was es denn gäbe. Dieser antwortete, zwei Offiziere des Marschalls Augereau seien angekommen und brächten dem Kaiser die bei Bregenz eroberten Fahnen des Jellachichschen Korps. Man ließ uns eintreten, und ohne mit der Wimper zu zucken, als wenn er nns noch nie gesehen hätte, empfing Napoleon den Brief Angereans, den man wieder zugesiegelt hatte, und las ihn, obwohl er den Inhalt schon seit vier Tagen kannte. Dann stellte er Fragen an nns und ließ uns über die kleinsten Einzelheiten berichten. Durve hatte uns gesagt, daß wir laut sprechen müßten, weil der preußische Gesandte etwas schwerhörig sei. Ich gab die Antworten und ging auf Napoleons Gedanken ein. So malte ich denn mit den lebhaftesten Farben die Niederlage der Österreicher, ihre völlige Entmutigung und dagegen die Begeisterung der französischen Truppen. Dann zeigte ich die Trophäen nach einander vor und nannte alle feindlichen Regimenter, denen sie gehört hatten. Zwei hob ich besonders hervor, weil ihre Erbeutnng eine große Wirkung auf den preußischen Gesandten ausüben mußte. Hier ist, sagte ich, die Fahne des Infanterieregiments Seiner Majestät des Kaisers von Osterreich, und dort ist die Standarte der Ulanen des Erzherzogs Karl. Die Angcn Napoleons leuchteten und schienen mir zn sagen: Sehr gut gemacht, junger Mann! Endlich entließ er uns, und beim Fortgange hörten wir ihn zum Gesandten sagen: Sie sehen, Herr Graf, meine Heere sind au alleu Stelleu siegreich. Die österreichische Armee ist vernichtet, und mit der russischen wird es bald ebenso sein. Haug- witz schien wie zerschmettert, und Duroc erzählte nns, als wir aus dem Zimmer waren: Dieser Diplomat wird heute Abend nach Berlin schreiben, nm seiner Regierung die Niederlage des Jellachichschen Korps mitzuteilen: das wird die kriegslustigen Geister etwas abkühlen und dem König von Prenßen neue Gründe znm Abwarten geben; nun, das ists ja, was der Kaiser besonders wünscht. So spielte sich die Komödie ab. Um sich des gefährlichen Augenzeugen zn entledigen, der über die Stellungen seines Heeres berichten könnte, redete Napoleon dem Gesandten ein, daß es für ihn wenig sicher sei, zwischen zwei kampfbereiten Heeren zu verweilen. Er nötigte ihn, sich nach Wien zu Talleyrand, seinem Minister des Auswärtigen, zu begeben, was Haugwitz auch noch nn demselben Abend that. Am nächsten Tage sprach der Kaiser zu uns kein Wort über die gut gespielte Szene; da er aber unzweifelhaft seine Zufriedenheit über die Art ausdrücken wollte, wie wir seinen Gedanken aufgefaßt hatten, so erkundigte er sich bei meinem Kameraden Massy angelegentlich nach dessen Befinden, und mir kniff er ins Ohr, was eine seiner Liebkosungen war.
Von der Schlacht bei Austerlitz giebt Marbot eine sehr klare Darstellung. Es würde uns zu weit führen, seine Schilderung, die reich ist an interessanten