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Die internationale Kunstausstellung in Berlin. 1
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Zur politischen Lage

nach Vornehmheit und Adel in der äußern Erscheinung; ebenso hält ja mich die Italiener ihre unersättliche Freude au der farbigen Oberflüche der Dinge ab, iu den Chorus der farbenfeindlichen Naturalisten einzustimmeu. Selbst die iu Paris lebenden Spanier sind von der dortige» Modckraukhcit nicht ergriffen worden, wofür ein fignrenreiches, großes Bild von Luis Jimenez, eine Besuchsstunde im Krankenhause, eiueu Beweis giebt. Es ist nach allen Regel» der Hellmalerei gemalt, bei einem mattgranen, jeden Winkel und jede Tiefe aufhellenden Licht; aber die Figuren sind mit größter Sorgfalt und Gewisseuhaftigkeit gezeichnet, im zerstreutem Licht völlig körperhaft modellirt, und der Raum vertieft uud verschiebt sich, wie es die Regelu der Perspektive und unsre darnach geschulten Augen verlangen. Der ästhetische Geschmack, der die Mehrzahl der spauischeu Maler bei der Wahl ihrer Vorwürfe leitet, ist in vielen Fällen nicht der unsrige, und er kann es auch nicht sein, weil uns Dentschen die notwendigste Vorbedingung zum ästhetischen Gennß der spanischen Bilder fehlt, das gleichartige Temperament und die Gewöhnung des Auges und der Nerven; aber der Ernst der künstlerischen Gesinnung, die Entschlossenheit, mit der die Maler an die höchsten Aufgaben hinantreten, und die Gediegenheit, mit der sie sie auszuführeu wissen, flößen uns die größte Achtung ein.

Zur politischen Lage

rvphete rechts, Prophete links! Was ist nicht in den letzten Jahren alles politisch prophezeit worden? Sturm und schön Wetter, je uach deu Temperameittsaulageu des Propheten; die Dinge aber haben sich trotz alledem weiter entwickelt nach deu Gesetzen der ihnen innewohnenden Folgerichtigkeit, als ob es keine Propheten gäbe. Denn es giebt keinen, der jene Gesetze der folgerich­tigen Entwicklung der politischen Verhältnisse keimte, keinen, der heute sageu könnte: Morgeu wird es so sein und nicht anders, keinen, der die inkommeu- snrabeln Größen mit in Betracht zu ziehen imstande wäre, die schließlich den Pnnkt aufs i setzen.

Politisch giebt es eben keine Gewißheit, sondern nur eiue mehr oder minder staatsmümnsch berechnete oder sagen wir lieber empfundene Wahr­scheinlichkeit. Eine Wahrscheinlichkeit, die zur Wirklichkeit werden, die sich aber auch in ihr Gegenteil Verkehren kann, dereu Vorausverkündigung man als