<)() Lin Streifzug durch das Gestrüpp der Frauenfrage
glücklich, wenn er für die Zeit, die nun folgt, vorgebaut hat. Die Übergangsjahre würden au Bitterkeit verlieren, wenn das Älterwerden für daS, was es ans der einen Seite nimmt, auf der andern etwas brächte. Manche würden sich iu dieser Zuversicht dein Lebensgenuß sorgloser und freudiger hingeben, infolgedessen liebenswürdiger, anziehender sein und vielleicht schon dadurch ihr Lebeusglück in einer andern Weise begründen, vor allem mehr Freude habe» und bereiten. Denn wenn eine Klage des Weibes über Zurücksetzung vom Schicksal berechtigt ist, so ist es die, daß, obwohl seine Lebensdauer gegenüber der des andern Geschlechts nicht verkürzt erscheint, der Zeitpunkt fürs Zurücktreten vom — sagen wir: Kampf um den Beruf bei ihm so viel früher angesetzt ist, als beim Manne.
Wäre es nicht, von diesen verschiedneu Gesichtspunkten aus betrachtet, angemessen, den gebildeten Mädchen für die ihnen voraussichtlich noch bleibenden zwanzig bis dreißig Jahre geistiger Frische und Thatkraft ein Arbeitsfeld zu eröffnen?
Ans die Wichtigkeit der Naturwissenschaften wurde fchon hingewiesen. Aber auch in andern Fächern würde es ihnen nützlich sein, durch jahrelange Beschäftigung in Geist und Wesen des Gegenstandes einzudringen, anstatt, wie es bei Studenten vorkommt, nur für die Prüfling zu lernen und vor jeder Querfrage eines Laien wie vor einem schwer zu nehmenden Hindernis Halt zn machen. Daß den Frauen in spätern Jahren das Lernen schwerer fällt, hat seinen Grund wohl weniger in eiuer Abnahme der Fähigkeit, als darin, daß sie durch mehrjährige Unterbrechung aus der Übung gekommen sind, verlernt haben, ihre Gedanken zn sammeln, auf eiueu bestimmten Pnnkt zn richten nnd dort festzuhalten. Mehr oder weniger gezwnngenerweise ist es ihnen znr Gewohnheit geworden, viele Dinge uur vorübergehend in sich aufzunehmen, das Interesse in schneller Folge den verschiedensten Gegenständen zuzuwenden, ohne auch uur einen davon gründlich zu betrachte». Man hüte die Mädchen, die dieser Gefahr mehr ausgesetzt sind, als Knaben, vor der sogenannten Salon- bilduug, richtiger gesagt: halben Bildung, von der Hettuer sagt, sie zerstöre die Naivität des Sems und Denkens, während die ganze sie verjünge, läutere und vertiefe. Sie macht einerseits die Menschen anspruchsvoller, als die ganze, und je übertriebenere Ansprüche einer an seine Mitmenschen stellt, desto schwerer wird er im Zusammenleben Befriedignng finden; sie besitzt anderseits einen Nachteil an Stelle des Vorteils, den oberflächlich urteilende ihr zuschreiben: sie lahmt die Unterhaltung, anstatt sie zn beleben. Nur Leute, die über eine Sache wirklich unterrichtet sind, und solche, die sich darüber unterrichten lassen wolle», führen ein Gespräch ersprießlich und erfreulich. Halbgebildete schöpfen aus ihrem Bildungsgänge die Verpflichtung, von allem und jedem etwas zu wissen. Sie verlangen von sich und ihresgleichen, daß jede Lücke im Wissen übertüncht nnd niemand durch eine Frage in Verlegenheit gesetzt werde. Sie