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Talleyrands Memoiren
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Talleyrands Memoiren

werde, und dem Ausdrucke des Bedauerns, daß der Bonapartes Berichten immer vorauseilende Ruf seiner Thaten ihm wohl selten Gelegenheit lassen werde, dem Direktorium neues mitzuteilen. Diese Schmeicheleien fielen auf so günstigen Boden, daß bald darauf bei der ersten persönlichen Begegnung Vonaparte sagte, er habe sofort aus Talleyrands Briefen in ihm einen ganz andern Menschen erkannt, als die Herren vom Direktorium.

Bekanntermaßen ist Talleyrcmd oft vorgeworfen worden, der Grund zu seinem großen Reichtum sei durch die Honorare, wollen wir sagen gelegt worden, die er sich für geheime Dienste habe zahlen lassen, und Napo­leon selbst kränkte ihn durch solche Bemerkungen. Einmal hat er sich auf Gewinne am Spieltisch ausgeredet. Ju dem Glaubensbekenntnis lesen wir, er habe von keiner Regierung mehr erhalten, als er ihr durch seine Dienste gegeben habe ein Satz, der in seiner Zweideutigkeit kaum auzufechteu sein wird, und bei Gelegenheit der Gründung des Rheinbundes sagt er bescheiden: Ich vermittelte auch hier, wie schon früher, zn Gunsten mancher kleinen Souveräne, die an ihrem Länderbesitz Einbuße erlitten, was oft große Schwierigkeiten mit sich brachte."

Nach diesen Proben, deren Zahl sich noch beträchtlich vermehren ließe, wird der Leser geru glauben, wenn wir behaupten, das Anziehendste in den Memoiren Talleyrands seien die Beiträge, die sie zn seiner eignen Charak­teristik liefern. Was er über die politischen Verhältnisse im allgemeinen und über die großen Ereignisse mitteilt, an denen er beteiligt oder deren Zeuge er gewesen ist, ist zum größten Teil bekannt oder für die Gegenwart von geringem Interesse, feine Darstellung mitunter von langweilender Breite, besonders wo er auf seine Ideen oder sein Wisfen am meisten stolz ist, wie bei der Ausein­andersetzung, wie er im Gegensatz zu dem verhaßten Necker (demAnslüuder, noch dazu Bürger eines kleinen Freistaates, der sogar einem andern Glaubens­bekenntnis angehörte!") die Finanzen geregelt haben würde, oder bei seinem vertraulichen Verkehre mit dem Kaiser Alexander. Daß ferner die gelegent­lichen moralischen Betrachtungen oberflächlich oder hausbacken ausfallen, kann bei dein Manne nicht auffallen, bei dem die Frivolität Fleisch nnd Blut ge­worden war. Damit soll natürlich uicht gesagt sein, daß der Leser nicht manche Ausbeute au Gedanken, Schilderungen von Menschen nnd Zustanden, geschichtlichen Notizeu gewinnen könne.

Seine Kinderzeit schildert er als liebe- nnd freudeleer, zwischen den Zeilen läßt sich allenfalls lesen, daß das Körpergebrechen, das ihm seit seinem vierten Jahr anhaftete, und das ihn untauglich für den Soldatenstand machte, das Hinken, ans die ohnehin geringe Zärtlichkeit seiner Eltern Einfluß gehabt habe. Einen Lichtblick brachte ihm der Aufenthalt bei seiner Großmutter, einer Fürstin von Chalais; was er von dem Verhältnis dieser Dame zu ihren Unterthanen erzählt, liefert neue Belege zu dem von Tnine ent-