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Allerhand Sprachdummheiten :
(Fortsetzung)
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Zu alledem kommt min das schöne würde statt einer wirklichen Kon- junktivbildnng. Im Deutschen giebt es ja diese Unrschreibung auch, aber da ist sie aufs allerstrengste beschränkt ans die Hauptsätze und gewisse Arten von Nebensätzen; schlechterdings ansgcnmumen davon sind alle Bedinguugs-, Vergleichnngs- nud Wunschsätze. Aber gerade diese drei Satzarten sind es, in denen sie der Österreicher mit Vorliebe, ja so ausschließlich anwendet, das; er von Hunderten von Zeitwörtern einen richtigen Konjunktiv des Imperfekts zn bilden schon ganz verlernt hat. Formen, die etwas über das Allergewöhn- lichste und Alltäglichste Hinansgehen, wie schüfe, schlösse, schöbe, getraut sich kein Österreicher mehr zu bilden, er kommt nur noch mit seinein schaffen würde, schließen würde: der Verwaltungsausschuß ist der Ansicht, daß es von großer Bedeutung wäre, wenn der Leserkreis des Blattes.sich ver­mehren würde weniger Sauberkeit und Regelmäßigkeit wäre dichterisch wertvoller, wenn sich eine starke Natur, eine glühende Leidenschaft, ein hoher Sinn offenbaren würden selbst wenn ihnen der Brotherr nicht den schul­digen Lohn entrichten würde, könnte er dnrans nicht den Grund zu einem Anspruch ableiten der Stil seiner Abhandlung wird oft so hoch, als wenn er über Goethe schreiben würde hat die Kochstunde geschlagen, so muß das Feuer flackern, als ob es ans Kommaudo gehen würde wenn man die Arbeit eines Spezialisten auf therapeutischem Gebiete durchstndirt, so be­kommt man stets den Eindruck, als wenn man das Urteil eines Richters lesen würde, der in seiner eignen Sache entscheidet ^ wenn nur wenigstens eine künstlerische Form ihre Darstellung adeln würde! u. s. w. Die an­geführten Beispiele sind aber keineswegs alle aus österreichischen Bücheru oder Zeitungen genommen. Und das ist eben das Traurige, daß solches Deutsch nicht bloß aus österreichischen. Blättern unvcrbessert nachgedruckt, sondern daß es auch schon massenhaft bei uns nachgeschrieben wird von den einen ans Unbeholfenheit, von den andern aus Ungeschmack und Ziererei, weil sie es schön finden. Ein wahres Wnnder, daß Nur den Kehrreim bei Mirza Schafft) und Rubinstein: Ach, wenn es doch immer so bliebe! überhaupt uoch verstehen und nicht längst verschönert haben zn: Ach wenn es doch immer so bleiben würde! ein Wunder, daß wir das alte Volkslied: Wenn ich ein Vöglein wär! uoch nicht umgestaltet haben zu: Wenn ich ein Veeglein snin wirde und anch zwei Flieglein hoben wirde!

Ich habe gar nichts gegen die gnten Wiener, sie kochen und braten gnt, sie backen auch gut, und ich wünsche mir manchmal statt meiner klantschigen Leipziger Semmel ein lockres Wiener Brötchen. Daß unsre Droschkenkutscher seit einigen Jahren das gequetschte Wiener ääücih! nachäffen, wenn sie Vorüber­gehende aufmerksam macheu wollen, ist nicht gerade schön, aber gleichgiltig. Die gnädige Frau, die vor einigen Jahren auch aus Wien zu uns kam, ist von deu obern Zehntausend mit einer solchen Schnelligkeit bis in die nnter-