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Die deutsche Einheit
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Die deutsche Liicheit 579

besten Werke diesmal nach Berlin zu schicken, veranlaßt werden möchten. Und was fvlgte an der Jsar auf die bekannten Vorgänge in Paris, ans die Be­schimpfung unsers Kaiserhauses und die schmachvolle Unterwerfuug der Pariser Maler unter die Schreier der Gasse? Vielleicht, wie ein deutsches Herz ver­muten möchte, die einer stolzen Regung beleidigten Volksgefühls entsprungene Bitte an die Herren von der Seine, nun auch München gütigst mit ihrer An­wesenheit zn verschonen? O nein ein wahnsinniger, kaum nach außen schicklich unterdrückter Jubel, daß Berlin eine Schlappe erlitteil habe und die höhere Bedeutung der Münchner Ausstellung gerettet sei. Nun, wir köuueu den Münchnern die Franzosen gönnen. Schon seit Jahren schwindet im Münchner Kunstleben mehr und mehr deutsches Wesen, deutsche Eigenart, nm einer immer blvdern Nachüffung des Auslandes Platz zu machen. Seitdem in Paris die geniale Entdeckung gemacht worden ist, daß in der freien Natur eigentlich gar keine frischen Farben vorkommen, daß das uiufluteude Sounen- licht über alle Gegenstünde eine graue Tünche breitet, sahen auch die Münchner Maler plötzlich ihre Bäume, Häuser und Menschen wie unter einer dicken Staubschicht verborgen, und als man in Paris als würdigste Aufgaben des Pinsels den stumpfsinnigen Proletarier und das öde Blachfeld erkannte, trabten die hiesigen Künstler gehorsam hinterdrein. Die jährliche Überschwemmung der Ausstellungen mit Pariser Ware wird die deutschen Maler bei ihrer unglück­seligen Aufnahme- und Aneiguungsfähigkeit alles Fremden bald um den letzten Rest eines selbständigen Kunstempfindens gebracht haben. Das scheinen die Wirklichgrvßen uuter den hiesigen Meistern, die Lenbach, Kaulbach, Grützner, Defregger n. f. w. auch richtig zu fühlen. Denn schon im vorigen Sommer fehlten ihre Werke fast gänzlich an den Wänden des Glaspalastes. Eine Folge der Franzosendienerei war es auch, daß vor drei Jahren das herrliche Gemälde Ferdinand Kellers, die Apotheose Kaiser Wilhelms, bei der Preisverteilung hinter einem welschen ?1mn-air zurückstehen mußte, worauf Keller allerdings durch Verzicht auf den zuerkannten zweiten Preis die einzig richtige Ant­wort gab.

Vor Frankreich liegt man auch sonst hier wie ein hochstehender Münchner sich neulich nicht gerade zart, aber treffend äußerte auf dem Bauche. Es giebt noch Damen der Gesellschaft, die es für unfein halten, auf der Straße deutsch zu sprechen freilich ist auch ihr Deutsch darnach! Andre müssen wenigstens zeigen, daß sie Französisch verstehen, und spicken ihre Rede mit den fadesten Brocken Pariser Boulevardjargons. Aber selbst im Volke kennt man für einzelne Begriffe, wie I^voir, onidrölle, or-m^o, ong-routier, überhaupt keine deutschen Namen. In den Feustern der Buch- und Kunstlüdcn prangen die jüngsten Erscheinungen der französischen Litteratur, die Vervielfältigungen der Werke Meisfoniers, Bongereaus nnd Basticn-Lepages, die Bildnisse fran­zösischer Tagesgrvßen. Selbst Sarah Bernhardt, die in Deutscheuhaß reisende