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Beitrage zur christlichen Erkenntnis für die gebildete Gemeinde. Aus Aufzeichnungen und Briefen vvn Professor I. Hillsmann, weiland Neligivuslehrer am Gmnnasinm zn Dnisbnrg. Neue, vermehrte Ausgabe. Brauuschwcig, Schivetschte und Sahn, 18!>0

Ein eigentümliches Werk, aus Briefen und persönlichen Aufzeichnungen hervor­gegangen, darum anschaulich, individuell, alier die höchsten Frage» des Gemüts tiefsinnig besprechend; ein Erbaunngsbuch für viele Leser und Leserinnen nud doch auch wieder das ganze Nachdeiikeu des Erwachsenen in Anspruch nehmend. Man kann nach der lehrhaften Grundlage des Buches fragen nud kommt dann bald darauf, das; es freier gerichtet ist, als die meisten evangelisch-kirchlichen Arbeiten. Aber die ganze dogmatische Grundlage ist für Hülsmanu uicht so wichtig als das Streben, den sittlichen Mnt iu deu vielen Bedrängnisse» des Lebens zn stärken durch religiöse Vertiefung. Weuu er dabei auf vorbildliche Gedanken von Laien wie E. M. Arndt, Novalis, Weiße, Lvtze, L. Ranke u. a, eingehen kann, ist es ihm eiue besondre Freude, wie er dein, eine Fülle weltlicher Litteratur bis iu die edleu Nvmaue vvn Ch. Kingsley hinein überall znr Hand hat. Der durch­gebildete Theologe blickt freilich stets durch; aber auch iu der theologische» Arbeit bewährt er eine merkwürdige Eigentümlichkeit. Man kann es erkenne», wen» man das Stück nachliest, wo er gegen dasetwas erzwingen wollen" in religiösen Dingen, über das Übel in der Welt, das Sterben der .Kinder n. s. w. spricht, oder wo er iu der eigentlichen Glaubenslehre vvn Christus deu Begriff einesZauberers" fernhält. Stets ist es da der Gedanke schlichter Wirklichkeit nud gvttgewirkter Gesetzlichkeit im leiblichen nud geistigen Leben, dem er »achgeht. Dadurch bekommt sein Wort eiue» znweile» schwermütige» Untergrund, aber nur stehen uns besser dabei, als bei einem schwärmerischen Überfliegen aller menschlichen Grenzen. Das Buch hat schou bisher nicht bloß iu der Nheinprvvinz, svuderu auch anderswo, in Braunschweig, Dresden, Kiel u. f. w. manche Kreise und Familien erfreut uud gestärkt. Möchte die nene Ausgabe, die anch eine kurze Biographie Hülsmanus enthält, in derselben Weise heilsam iu deu gebildeten evangelischen Kreisen wirken!

Der moderne Mensch. Versuche über Lebensfnhrnug von B. Carneri. Bvu», Emil

Strauß, 1.391

Friedrich Nietsche hat bei Gelegenheit des letzten Buches vou David Friedrich Strauß:Der alte und der neue Glaube" ein berühmt gewordenes Wort geschaffen: ,.Bildungsphilister." Um iu Kürze deu Geist der vorliegendenVersuche über Lebens­führung" von dem bekannten Mitgliede nud Wortführer der österreichische« Ver- fassnngspartei zu bezeichnen, finden wir keinen Passendern Ansdruck als Bildungs­philister. Der Unterschied ist nur der, daß David Strauß ganz abgesehen von seiner Meisterschaft in der Darstellung, mit der sich das rhetorische Parlnments- deutsch Carneris nicht entfernt vergleichen kann iu seiner Art ein entschiedner Mann war, der mit seiner Meinung Ernst machte; Carneri aber ist ei» gutmütiger, wohlwollender Man», der nie den Mut hat, die Gedanke» »»d Gruiidsätze bis in ihreletzten Konsequenzen" zu verfolgen. Er feiert den Individualismus als das Heil der Zukunft, aber weder ist er selbst ein kräftigesIndividuum," »och läßt sich seiu Ideal von Lebensführimg mit einem richtigen Judividunlismus vereinige»; im Gegenteil: die spinozistisch-gnietistische Glückseligkeit, die er preist, ist nur mit der Überwindung und Verleuguung der Individualität vereinbar. Und das ist das seltsam Unbegreifliche an diesemEklektiker von Natur aus," der seine eigne Persönlichkeit zum Typus der gauzeu Zeit iu die Höhe schrauben will, zum modernen Menschen" i>m- oxoollonoo: in der harmloseste» Weise schwimmt er