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Litteratur

geistigen Nabelschnnr gelöst, kann man eS benrteilen." Man sieht, wie verfänglich dies Gebiet ist. Werner läßt Hebbel überhaupt, im Mißverhältnis zu dessen Be­deutung als Lyriker, wohl etwas zn reichlich daS Wort fiihre», was sich freilich durch das fortwährende Selbstbelanschen erklärt, nus dem sich jenes Tagebuch zu­sammensetzt,

Umfo uachdrücklicher znstimmeud kanu die übrige reiche und erquickende Fülle vmi Hinweisen betont werden, die uns au der Hand deS Verfassers iu die Geheim- ivelt des schöpferischen Genins Blicke zn thnn gestatten, so weit die Dichter selbst das Bedürfnis empfanden, sich darüber ansznsprechen, oder so weit ihre Biographen darüber Aufschluß zu geben vcrmochteu. Das Meiste dieser Art ist verzettelt und verstreut. Hier findet es sich liebevoll zusammengetragen und mit dem Zwecke der gauzen mühevollen nnd von warmer Liebe zur Poesie erfüllten llnlersnchuug in solchen Znsammenhang gebracht, daß nur uns bewußt werden, unser Verständnis für die Lyrik, diese nach Schillers Ausdruckgleichsam körperlose" Gattung der Poesie, erweitert zu sehen.

Erinnerungen an Anzen gruber. Bon L. Rosner. Leipzig nnd Wien, I. Klinkhcirdt

Der erste (und lange Zeit einzige) Verleger Ludwig Auzeugrubers berichtet hier über seine Beziehungen zu ihm und bringt insbesondre eine größere Zahl von Briefen des Dichters zum Abdrnck, Diese Briefe sind nicht allein wegen der Persönlichkeit des Schreibers, mit der sich die Lesewelt jetzt mehr als bei seinen Lebzeiten zn be­schäftigen scheint, von Interesse, sie zeigen uns zugleich ein schwerlich oft vor­kommendes Verhältnis zwischen Verleger und Schriftsteller. Der erstere, eine enthusiastische Natnr, will sich kein Werk des letztern entgehen lassen, obgleich er er­klären mnß, bei den Anzengrnberschen Stücken leine Seide gesponnen zu haben; der letztere, ein Skeptiker, mahnt ihn stets, lieber eiueu andern sich die Finger verbrenueu zu lassen. Die Buchhändler, die sich ihm antrngen, kenne er nicht, nnd sie seien ihm daher gleichgiltig, zum zweitenmale werde ohnehin leiner zu ihm louimen, seinenwerten Freund uud Verleger" möchte er dagegen vor Schaden bewahren. Unwillkürlich erinnert man sich bei diesem gemütlichen Briefwechsel des inigemütliche» zwischen Heinrich Heine und Julius Campe: der eine immer geld­bedürftig und seine Ware anpreisend, der andre zäh nnd hartwie Sohlenleder," sich taub.stellend, bis der teure Dichter mürbe geworden ist. Auch über Auzeu­grubers Art, sich im persönlichen Verkehr zu geben, sein Selbstgefühl, sein mit nnter schroffes Wesen (daS Rosner auf Rechnung der Schüchternheit nnd gesell­schaftlichen Unbeholfenheit schreibt), seine Arbeitsweise, seine Lektüre u. n. in. bringt das Büchlein schätzbare Mitteilungen. Nen dürfte vielen sein, daß Anzengrnber so viele Stücke geschrieben nnd mit so wenige» Glück gehabt hat.

Mir die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig Verlag von Fr. Will,. Grnnow in Leipzig Druck von Karl Margnnrt iu Leipzig