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Punkte bei ihm überhaupt gesprochen werden darf. Aber Hai es einen, sv könnte die Erde so gilt dieser Mittelpunkt, und zwar der unbewegte Mittelpunkt sein wie irgend ein andrer Körper. Man muß sich nur daran erinnern, das; Bewegung ein relativer Begriff ist, uud dnß z. B. ein Manu, der sich auf dem Verdeck eines Schiffes mit derselben Geschwindigkeit wie dieses, aber in entgegengesetzter Richtung bewegt, thatsächlich seine Stellung zur Erdoberfläche nicht verändert, also in Beziehung auf diese still steht. Sv könnte es wvhl sein, daß in dem verwickelten Wirbel der Welten gerade nnsre Erde der einzige wirklich rnhende Punkt wäre. Den Vorwnrf des Hochmuts, den nns diese Phantasie eintragen wird, nehmen wir gelassen hin. Jeder ist ans seine Weise hochmütig; und die Herren, die sich als Teile des Universums nicht klein genug macheu können, nehmen es gewöhnlich sehr übel, wenn man sie am geistigen Himmel, der doch wohl auch ihrer Ansicht nach ein Himmel höherer Ordnnug ist, als der Fixsternhimmel nicht als Sterne erster Größe anerkennen will. Denken wir an Dantes Konstruktion des Weltgebäudes, so bleibt diese in ihrem moralischen Sinne, der dem Dichter nach seiner eignen Erklärung die Hauptsache wär, ganz unangreifbar.
Welches auch immer der eigentliche, höchste und letzte Zweck des Weltalls und der Weltgeschichte sein mag, für nns Menschen kommt er nur so weit in Betracht, als wir darau beteiligt sind. Ohne mich hier schon ans die Frage einzulassen, worin jene Vollendung des Menschen bestehen mag, die ohne Zweifel der Endzweck seines Erdendaseins ist, ob und wie diese Vollendung ihn beseligt, und ob die Vollendung oder die Beselignng die Hauptsache ist, stelle ich hier nur die allgemein anerkannte Thatsache fest, daß selbstverständlich von Vollendung oder Beglückung einer einzelnen Person außerhalb jeder Verbindung mit dem Ganzen keine Rede sein kann. Die Flucht des Asketen in die Wüste zu dem Zweck, dort seine Seligkeil zu wirken, ist nicht minder eine Berirruug, wie das Treiben des Habsüchtigen oder Ehrsüchtigen oder Wollüstlings, der mitten unter Menschen immer uur sich selbst sucht. Es versteht sich also, daß der Mensch sein Ziel nur iu der Familie, oder im Staate, oder in der Kirche, oder im Reiche Gottes (das nicht immer mit der Kirche zn- sammeufällt) oder in irgend einer andern Form der Gesellschaft, oder in gleichzeitiger Teilnahme an mehreren Gesellschaftsformen erreichen kann. Nnr darf keine dieser Formen als Begriff, als Abftrattnm genommen werden. Wenn z. B. gesagt wird, der Einzelne müsse seinen Willen und sein Wohl dem Staate unterordnen, so muß man unter Staat die Gesamtheit der setzt diesen Staat bildenden Menschen verstehen und derer, die ihn in der nächsten Zukunft bilden werden, nicht etwa den Stantsbegriff oder die Staatsidee. Die Begriffe haben ihren Wert und ihre Wirklichkeit nur in den einzelnen Dingen, hier also iu den einzelnen lebendigen Menschen. Der Götzendienst toter Begriffe ist zwar nicht der unedelste, entspringt er doch einer geistigen Über-