Maßgebliches und Unmaßgebliches
Ein Musterdorf. Der Direktor der landwirtschaftlichen Winterschule zu Neiße, R. Strauch, hol in deu landwirtschaftlichen Jahrbüchern, Jahrgang 1839, eine anch im Sonderabdrnck bei Paul Parcy in Berliic erschienene sehr verdienstliche Arbeit herausgegeben, die hoffentlich Nachahmung finden wird: Die ländlichen Verhältnisse der Gemeinde Stephansdorf, Kreis Neiße, Regierungsbezirk Oppeln. Wir heben das in sozialer Beziehung wichtige heraus. Das Dorf hatte bei der vom Verfasser vorgenommenen Zählung 679 Einwohner, die sich auf 102 Hanshaltnngen verteilen. Es giebt darunter einen großem Bauer, der etwas über 38 Hektar besitzt, 29 Bauern mit durchschnittlich 27^/, Hektar, drei Gärtner leine der Provinz Schlesien eigentümliche Art von bäuerlichen Besitzern, sie treiben nicht etwa Gartenban) mit durchschnittlich 4 Hektar, 4 Gärtner mit durchschnittlich 2^ Hektar, 26 Ackerhäusier mit durchschnittlich 3 bis 4 Mvrgen, 5 Hänsler vhne Acker. Dazu kommen 10 Auszüger, 11 Arbeiter- und 11 Handwerkerfnmilien, die bei deu kleinern Besitzer» zur Miete wohuen. Ein Handwerk treiben auch noch elf von den kleinen Besitzern, und zwei Handnierlerfamilien haben Pachtacker. Den kleinen Leuten kommen nämlich noch 33 Hektar Pfarr- und Schulacker zu statten, die iu Pacht gegeben zn werden pflegen. Die Banern beschäftigen die nicht angesessenen Arbeiter und die Ackerhäusler, so weit diese nicht Handwerker sind, als Tagelöhner; die Sohne und Töchter der Tagelöhner dienen als Knechte und Mägde beim Bauer. Die Tagelöhner erhalten im Sommer eine Mark, im Winter 50 Pf., in der Ernte 'l Mark 50 Pf. und Kost, die Frauen 60 und 40 Pf. Der Verfasser sagt: „Die Tagelöhne nebst Kost müssen für hiesige Gegend als sehr hoch bezeichnet werden. Die Kost ist reichlich bemessen, die Frauen nehmen oft noch Brot n. f. w. nach Hanfe znr Sättigung der daheimgebliebeuen Kinder. Die hohen Löhne sind jedoch nur iu Stephansdors nud deu andern Bauerndörfern des Kreises üblich; geringere Löhne werden auf den Dominien gezahlt: hier erhält die Fran einen Tagelvhn von 40 bis 50 Pf. nnd der Mann 60 Pf. bis 1 Mark ohne Kost; anßerdem erhalten die Leute noch Deputat. >Das ist uicht gennn. Wir kennen ein großes Domininm mit Fabrikanlagen, wo es folgendermaßen gehalten wird. Die verheirateten Knechte nnd die altgedienten Fabritarbeiter erhalten außer dein Geldlohne Deputat; die Ackertagelöhner aber erhalten außer dem oben angegebenen kargen Geldlohne nichts, rein nichts. > Dieses zusammengenommen macht aber weniger aus als der von den Banern gezahlte Tagelohn samt Kost. Der Grnnd, warum die Dominialbesitzer billigere Arbeitskräfte haben als die Banern, liegt darin, daß der Dominialbesitzer die Arbeitsleute das ganze Jahr hindurch beschäftigt, während die Leute bei den Rnstilalen nicht den ganzen Winter hindurch beschäftigt werden können und daher höhere Anfvrdernngen stellen."
Das ist nicht der einzige nnd nicht der Hnnptgrnnd. „Haben" könnten die Banern die Arbeiter anch für den Preis, den die Rittergutsbesitzer zahlen; wenn sie sich verabredeten, nicht mehr zn bewilligen. was wollten die Tagelöhner ansangen? Auf leinen Fall sind die Banersranen durch die Lage des „Arbeitsmarktes" gezwnngen, den Tagelöhuersraueu Nahrungsmittel für die Kinder mit