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Der Kampf mit geistigen Waffen gegen die Sozialdemokratie
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Der Kampf mit geistigen Waffen gegen die Sozialdemokratie

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dengeistigen Bankerott" der Führer erwiesen habe, oder als ein gehaltloses, herzlich unbedeutendes,nichts Nenes" bietendes Redeturniereiner Gruppe von keifenden und sich gegenseitig der ordinärsten Dinge beschuldigenden Lärmbrüdern und Strebern, die sich um den Schlüssel zur Parteikasse zanken," oder auch, wenn es hoch kvnrmt, als eine eitleParade," ist es dann zu verwundern, daß Monsieur Bourgeois sich in seiner Gemächlichkeit nicht stören läßt, weiter schläft und zn unthätiger Gleichgiltigkeit verleitet wird? Manche falschen Schlußfolgerungen sind außerdem durch die gemäßigte Haltung der auf dem Hallischen Kongresse versammelten Führer veranlaßt worden. Die (scheinbare) Mäßigung ist keine Bekehrung, in der sich etwa bereits die erzieherische Wirk­samkeit desneuen Kurses" kundgäbe, sie ist im Hinblick ans die Entwicklung der Sozialdemokratie eigentlich weder überraschend noch neu. Schon Mehring (Die deutsche Svzinldemokratie) führt aus, daßauf die Dauer iu der großen Masse immer die objektive Vernunft siegt, ein tröstlicher Erfahruugssatz aller Geschichte, den die Sozialdemokratie, je stärker sie anwächst, um so härter am eignen Leibe erproben wird. Je mehr Köpfe sie zählt, umso mehr entzieht sich der Einzelne der Kontrolle der Führer, umso eher wird er des fruchtlosen Ge­schwätzes satt und kommt auf verständige Gedanken. Dies wissen die Leiter der Bewegung sehr genau. Daher erklärt sich die anfangs befremdliche Er­scheinung, daß sie nach ihren Wahlsiegen eher mäßiger als schroffer aufzutreten pflegen." Die Mäßigung ist also nur durch taktische Rücksichten bestimmt. Dementsprechend legt dasBerliner Volksblatt" denen, die an das Wunder einer Verwandlung der Partei aus einer revolutionären in eine Reformpartei glauben, die Frage vor, obdieser Glaube nicht vielmehr auf eine Änderung der Taktik gegen uns als auf eiue Änderung unsers Wesens zurückzuführen sei." Die Ordnungsparteien sind.in einer Umgestaltung begriffen, aber die Sozial­demokratie nicht; jene schließen von ihrer Bewegung mit Unrecht auf eine Mit­bewegung ihres stehenbleibenden Gegenüber. Ebenso unrichtig ist die Ansicht, der man zuweilen begegnet, daß die Partei nur einen oder zwei hervorragende Männer besitze, Bebel und Liebknecht, woraus sich dann die wunderschöne Perspektive eröffnet, daß die Svzialdemvkratie auf vier Augen ohne Erben stehe. Die stattliche Reihe von Rechtsanwälten, Ärzten, ehemaligen Theologen, Dvktoren der Philosophie und so fort, die sich unter dem roten Banner dem Geschäft des Redenhnltens und.Aufhetzens gewidmet haben, sollte schon eines Bessern belehren; Liebknecht hat von jeher mit Vorliebe akademisch Gebildete zn sich herangezogen. Man könnte meinen, die Geringschätzung der Sozial­demokratie, die Methode, sie verächtlich abzufertigen, wäre darauf berechnet oder dazu angethan, ihr Abbruch zu thun; wenn man z. B. ihre Parteitag- demvnstration, die imponiren wollte, herabsetzt, so betrügt man sie um den beabsichtigten Zweck. Aber anstatt sich über eine solche Taktik, wodurch doch sein Interesse oder seine Eitelkeit verletzt sein tonnte, zn ärgern, macht sich