Zu ^»töckers Entlassung
ie Entlassung Stöckers aus semer Stellung als Hof- und Dvm- prediger, wie sie vom Kaiser am 6. d. M. bewilligt worden ist, hat in der deutschen Presse insofern die verschiedenartigste Beurteilung gefunden, als die einen darin ein politisches Ereignis ersten Ranges erblickten, die andern dem Vorgange jede Bedeutung absprechen wollten. Nur dariu siud alle einig gewesen, daß sie ihm zahllose Leitartikel und sonstige Betrachtnugen gewidmet habeu. Wenn es nun auch wahr ist, daß sich die Deutschen oft um Kleinigkeiten zanken, so kommt es in diesem Zusammeuhauge doch vornehmlich auf die subjektive Auffassung nn, auf die Wichtigkeit, die die Sache in den Augen der Menschen hat, gleichviel ob sie ihr, geschichtlich betrachtet, zukommt oder nicht.
Vom Standpunkte der Tagesbetrachtung haben die ohne Zweifel Recht, die die Entlassung Stöckers uicht auf die leichte Achsel nehmen: sie sprechen eben nur offen aus, was die andern, ohne es Wort haben zu wollen, gleichfalls denken. Es könnte aber sein, daß sie auch in jenein höhern Verstände Recht behielten, wo es sich nicht um die Stimmungen und Interessen des Augenblicks handelt, sondern um einen dauerudeu Einfluß, der auf die fernere Entwicklung der Gesamtheit geübt wird, während zugleich ein scharfes Licht auf die Zustande füllt, aus denen heraus derartiges allein verständlich werden kann.
So angesehen hat sich zwar an dem, was in engern Kreisen längst bekannt war, nicht eben viel geändert. Daß Stöcker bei Hofe nicht xsrsmm Aratiz, sei, war seit dem Regierungsantritt .Kaiser Wilhelms II. kein Geheimnis. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, deren Berührung sich von selbst verbietet, möchte ich die Gründe am liebsten darin suchen, daß der Kaiser in seinem Bestreben, nicht nur thatsächlich „über den Parteien" zu stehen, sondern dies auch von der öffentlichen Meinung anerkannt zu wissen, die Beziehungen zu der sogenannten äußersten Rechten, die ihm, während er noch Prinz Wilhelm war, zugeschrieben wurden, wohl unbequem empfunden haben mag. In ungezwungener Weise läßt sich hieraus erklären, daß nnd weshalb die „Extremen" als solche, nicht bloß Stvcker allein, von dem jungen Monarchen nicht nur