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Römische Frühlingsbilder : 7. Das Pantheon
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Römische Fnchliugsl'ilder

trat der neue König die Regierung der alten Erl'inonarchie des Hauses Savvhen an, aber unerschütterlich verharrte er iu den Bahnen, die sein Vater ihm sterbend gewiesen hatte, der alte Dichtertraum des Dante Alighieri und der Tranm se> vieler Tausende von italienischen Patrioten und Märtyreru, der Traum von dein nationalen König des nenerstandnen Italiens, ward in ihm nnd durch ihn Wahrheit, Die Gruft Viktor Emanuels im Pantheon zu Rom ist die Vesiegeluug einer der größten weltgeschichtlichen Thatsachen, nnd ob sie nnn allein bleibe und spätere Könige Italiens an andrer Stätte ruhen mögen oder ob sie sich zur Familiengruft des im Quiriual hofhaltenden italienischen Königshauses erweitere sie bezeichnet einen neuen großen Abschnitt iu der mehrtauseudjährigen Geschichte Roms, Wohl darf sich der erustgestimmte Be­schauer des von alten Kriegern des Königs- Invaliden von Solferinv nnd Cnslozza bewachten ehernen Sarkophags nicht verhehlen, daß in Rom eine Macht und eiue Stimmung fortlebt, die nichts inniger ersehnt, als die Gebeine des lis -Mwwcmw ans dem Pauthevn wieder hinauszuwerfen. Aber hvffeu nnd aus Herzensgrund wünschen darf man wohl, daß diese Neste, wie die Nafaels, noch in Jahrhunderten an einen gewaltigen Wendepunkt in der Ge­schichte der ewigen Stadt mahnen werden.

Als ich das letzte mal am Grabe Viktor Emanuels stand, gab der selt­same Tag doppelte» Anlaß, an die Wandelbarkeit irdischer Herrlichkeit uud die Unsicherheit selbst der letzten heiligsten Ruhe gegenüber den Leidcuschafteu der Menschen zn denken. Es war der Nachmittag des ersten Mai, im Innern Roms war die Mehrzahl der Läden geschlossen, und neben den endlosen Scharen der feiernden, übrigens mehr verdutzt als wild dreinschauenden sozia­listischen Arbeiter durchzogen lange Kolonnen von Karabinieri und Soldaten die Straßen. Unwillkürlich traten vor den innern Blick Bilder einer mög­lichen verhängnisvollen Zerstörung, die auf diesem Bvdeu freilich niemals den Umwalzern selbst zu gute kommen würde. Wenn man dann die Ehrfurcht wahrnahm, mit der auch Leute aus den untern Ständen sich dem Grabmal des ersten italienischen Königs nahten, wenn man die Lorbeeren betrachtete, mit denen die Gruft fort nnd fort geschmückt wird aus der Menge ragten der Kranz, den unser .Kaiser Wilhelm II. am Sarge Viktor Emanuels nieder­gelegt, uud zwei Kränze hervor, die Heer und Flotte Italiens frisch gespendet hatten, so verschwanden die Spukgespeuster des Tages und alle düstern Zukunftsvisionen.

Aus dem Pantheon hinweg giebt es für den Wandrer, der in der ewigen Stadt so viel und gegenüber der Ueberfülle doch so wenig geschaut und ge­nossen hat, nur noch einen Weg, den uralten zur Fontcma Trevi, deren silberhelles Wasser die Kraft haben soll, den Sehnsüchtigen zur rechten Zeit wieder nach Rom zurückzuführen. Wir haben getrunken, wie eS Brauch ist, möge der Brunnen uus gegenüber seine segnende Kraft nicht verleugnen!