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Der Patriotismus als Wurzel der Sittlichkeit
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Der Patriotismus als Wurzel der Sittlichkeit

Grundlage fehle. Selbst wenn die Kathvliken eine besondre Moral, die Jesuiten­moral, hätten bekanntlich Protestiren sie sehr lebhaft gegen diesen Vorwurf, bliebe doch immer nicht diese, sondern das Kirchentum der Kitt der Zentrnms- partei. Noch weniger kann bei den Konservativen von einer besondern Moral die Rede sein, während allerdings der evangelische Glaube es ist, der neben den landwirtschaftlichen Interessen und der altpreußisch-monarchischcn Gesinnung die Landbevölkerung der östlichen Provinzen bei der konservativen Fahne fest­hält. Und was die Arbeitermassen bisher an die sozialdemokratischen Führer fesselte, das war nicht die in Aussicht gestellte Emanzipation des Fleisches, obwohl viele unter ihnen diese Predigt gern hören, sondern die Unzufriedenheit mit ihrer Lage und die Ansicht, daß von einer Regierung und von Parteien, die Ausnahmegesetze gegen die Arbeiter erlassen, irgend welche Besserung der Lage nicht zu erwarten sei. Um die Privatmoral ihrer Mitglieder kümmert sich keine dieser Parteien, und im öffentlichen Leben befolgen sie sämtlich, gleich alle» politischen Parteien aller Staaten und Zeiten ohne Ausnahme, den Grundsatz: Der Zweck heiligt die Mittel. Daß die nationallibernle Partei von lockererm Gefüge ist als die genannten Parteien, beruht auf andern Ursachen, die in diesem Zusammenhange nicht erörtert werden können, nicht aber ans einem vermeintlichen Mangel an moralischen Grundsätzen. Wollte jemand schlechterdings die Moral der Nationalliberalcn unter die Lupe nehmen, so würde er höchstens finden, daß die Herren im ganzen wenig Neigung zur Askese äußern, daß aber auch keiner von ihnen die freie Liebe predigt. Über dieses ^ustk-urilisn hinaus würde selbst Vismarck die Partei nicht gebracht haben, weuu er sichs in den Kopf gesetzt hätte, sie sittlich zu diszipliniren.

Der zweite Abschnitt:'Organisation des Volkstums zum Staat," erläutert die Wiederbelebung des Gemeingeistes durch die Bauernemauzipativn lind die Städteordnung in der Steiuschen Gesetzgebung, die neue Heeresverfassung, schildert dann die Hemmung und teilweise Unterdrückung dieser Entwicklung dnrch die nachfolgende Reaktion und schließt mit bittern Bemerkuugen über die Haltung der Deutschen bei den Wahlen der letzten Jahre und beim Rücktritt Bismarcks. Diese Haltung überzeugt den Verfasser von der Notwendigkeit, daß in das deutsche Volk ein neuer Geist, neue Ideale, neue Spannkraft kommen müssen. In einem kurzen Schlußkapitel heißt es:Die Grundidee, das Prinzip unsrer Ethik ist das Deutschtum, die nationale Besonderheit oder der Nationalgeist des deutschen Volkes, und wir könnten uns damit begnügen, daraus den obersten Pflichtsatz abzuleiten: Mache dich zu einem tüchtigen Gliede deines Volkes, zu eiuem brauchbaren Werkzeuge des deutschen Geistes." Den Inhalt der IdeeDeutschtum" anzugeben sei aber nicht ganz leicht, es sei dazu eineeklektische Beschreibung" erforderlich,eine Messung und Vergleichung des Deutschnationalen mit dem Allgemeinmenschlichen. Hierzu liefern alle Wissenschaften ihren Veitrag. In erster Linie aber ist es die Geschichte mit