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und Romantik, als sich in Bilchern findet, sagte er. In naher Verwandtschaft mit seinem ästhetischen Glaubensbekenntnis waren seine kirchlichen Anschauungen; obgleich auf seine Weise wahrhaft religiös, vielleicht mehr als die meisten, ging er doch nie zur Kirche: an unsern Herrn soll man denken und zu ihm beten unter dem freien Himmel; da ist es höher zur Decke als in der Kirche, und die Natur predigt viel besser als selbst der Bischof von Seeland!
Die Schuld nn vielen seiner Wunderlichkeiten war sicherlich in seinein Kinderlebeu und seiner Erziehung zu suchen; seine Mutter hatte er nie gekannt — sie war gestorben, während er noch in der Wiege lag —, der Vater war eine kränkliche, melancholische Natur gewesen, und so blieb der zeitig entwickelte Knabe während seines Heranwachseus meist sich selbst überlassen. Er tummelte sich am Strand und im Walde und wurde ein eifriger Jäger und ein kräftiger Jüngling. Aber als der Vater starb und der Bormund es sür das richtigste ansah, das wenig einbringende jütläudische Gut zu verkaufen, wurde Olaf Blau mit eiumal der Kindesheimat entrückt und nach Kopenhagen in ein fremdes Erdreich verpflanzt. Verwandte hatte er nicht, jedenfalls nicht von väterlicher Seite, und er sprach immer halb wehmütig halb stolz von sich selbst als dem letzten seines Stammes. Obgleich er seine Ahnen nicht weiter als bis zu einein ziemlich obskuren Groß- oder Urgroßvater zurückverfolgen konnte, und obgleich die richtigen alten Blaus, von denen bereits die Ritter- liedcr erzählten, schon im fünfzehnten Jahrhundert ausgeftorben sein solleu, nährte er doch einen unerschütterlichen Glauben an seine legitime Abstammung von diesen und fühlte eine fast kindliche Freude bei dem Gedanken, dein „guten alten dänischen Adel" anzugehören; ab und zu vertiefte er sich deshalb auch in genealogische Studien, uud einmal saß er einen ganzen Monat lang jeden Vormittag im Geheimarchiv und durchstöberte, wenn auch ohne Ergebnis, Gott weiß wie viele Namenregister in der Hoffnung, einen Beweis oder doch einen Stützpunkt für die Zusammengehörigkeit zwischen den alten Blaus und seinen eignen Voreltern zu finden.
Ich wurde nach und nach sein nächster Vertrauter, aber es gab noch viele außer mir, die seine Gesellschaft suchten und Wert darauf legteu; unwillkürlich richtete sich jeder nach ihm und folgte seinem manchmal etwas despotischen Kommando, nicht allein weil er wirklich viel reifer und selbständiger war, als irgend einer von uns andern, sondern auch weil er immer Leben in die Gesellschaft brachte und in neuen, originellen Einfällen unerschöpflich war. Er war ein vortrefflicher Wirt — im Verhältnis zu uns Gleichaltrigen ein wahrer Krösns —, und er scheute keine Anstrengungen und keine Kosten, um seinen Gästen mit einem Souper aufzuwarten, das sie gar nicht erwiedern konnten; er lies; Ragout von Meerschnecken mit scharfer Sauce bereiten und er verschrieb — was damals noch etwas Unbekanntes war — einen Anker echten Münchner Bieres, wozu wir, Gott mag wissen weshalb, nur Tabak aus Thon-