Beitrag 
Zur Lehre von der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit
Seite
66
Einzelbild herunterladen
 

66 Christian Günther in Leipzig

nicht verschuldet, nicht in Betracht kommen. Man vergleiche damit die Ansicht des Verfassers des erwähnten Aufsatzes, daß die Zurechuungsfähigkcit ein Zweckmäßigkeitsbegriff sei, indem sie den Geisteszustand bezeichne, der als Vor­bedingung gelte, um die Vvrteile der Gesellschaft zu genießen, anderseits den Zustand, wo der Einzelne feine Gebuudeuheit durch die Gesellschaft in Form der Strafe anerkennen müsse.

Für die Gegenwart erscheint übrigens die Frage, vb der moralische Schwachsinn als Strafausschließuugsgrund gelte, durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts in verneinendem Sinne erledigt. Auch für eine künftige Gesetz­gebung wird sie verueiueud zu entscheiden sein, man müßte sich denn ent­schließen, moralisch schwachsinnige und Gewohnheitsverbrecher in Erziehungs- odcr Sicherungsanstalten unterzubringen.

Christian Günther in Leipzig

von Reinhard Kade

m Anglist 1717 kam der schlesische Dichter Christian Günther in dem Alter vvu zweiundzwanzig Jahren aus Wittenberg nach Leipzig. Als Student der Medizin hatte er in Wittenberg nur wenig geleistet, auch sein Dichterruhm leuchtete bisher nur schwach, er gründete sich nnr auf fabrikmäßige Gelegenheitsarbeit. Da lockten ihn freundschaftliche Beziehungen und der R'nf der Leipziger Uni­versität, er betrat dasangenehme Pleißatheu," und uun beginnt, wie mit einem Schlage ein Umschwuug in seiner geistigen Entwicklung. Wie ein dunkler Traum liegen die wüsten Erinnerungen des Wittenberger Aufeuthaltes hiuter ihm, neues Hoffen, neues Wollen erfüllt ihn, über Erwarte» schnell er­stehe» dem jugeudschönen, geistvollen Manne gute Verbindungen, ihn selbst nmgiebt bald ein Kreis anregender Freunde, die in Leipzig die alte Schulzeit aus Schweidnitz erneuern.

Im Vordergründe seiner Leipziger Gönner und Freunde steht Burknrd Menke, der teilnehmende Förderer aller wissenschaftlichen und künstlerischen Bestrebungen, der Dichter nnd Gelehrte nnd Vorsteher der Deutschen Gesell­schaft in Leipzig, der, wie Thvmasius, darnach strebte, die herrschende latei­nische Sprache durch die Muttersprache zu verdrängen. Günther war durch einen seiner schlesischeu Freunde, der eine Tochter Meukes zur Braut hatte,