370
überliefert sein Schicksal der Nachwelt. Dies Ereignis ist im Laufe der Jahrhunderte von einem ganzen Mythenkreis umsponnen worden, und es ist schwer zu unterscheiden, was wahr und was falsch daran ist. Neuerdings haben verschiedne Städte um Tile Kvlup gestritten, fast wie ehedem die sieben hellenischen Städte um ihren Homer: mau hat die Wirksamkeit des falschen Friedrich bald hier- bald dorthin verlegt, ja ganz geleugnet, das; er jemals gelebt habe — dieses sicher mit Unrecht.
Das vierzehnte nnd fünfzehnte Jahrhundert bezeichnet, wie bei vielen deutschen Städten, so auch bei Wetzlar den Höhepunkt seiner Macht. Mit dein sinkenden Wohlstände der Bürger schwand auch das Ausehen nach außen. Innere Streitigkeiten zwischen den Geschlechtern und den Zünften führten eine weitere Schwächung herbei, und allmählich gewährte sie, wie so viele ihrer Genossinnen, das halb traurige, halb komische Bild eines Kleinstaates, wie sie damals überall auf dem fruchtbaren Boden des ehrwürdigen deutschen Reiches wucherten. Das Koutingent der freien Reichsstadt, die im Reichstage den vierzehnten und letzten Platz ans der rheinischen Städtebank einuahm, bestand nach der Reichsmatrikel aus acht Mann zu Fuß, einer Mannschaft, der sie „die nötigen Unteroffiziere und einen Oberoffizier" vorzusetzen hatte; ihr Beitrag zu der für die Unterhaltung des Neichsheeres bestimmten „Reichsoperationskasse" betrug 32 Guldeu. Außerdem besaß Wetzlar zn eignem Schutz eiue Bürgerwehr, für deren Verhalten ans Wache „Bürgermeister und Rath der Kaiserlichen und des Heiligen Reichs Freyen Stadt" im Jahre 1746 eine Ordnung zu erlassen für gut fanden. Darin wurde den wachhabeudeu Bürgern aufgegeben, „sich des Vrandeweinsaufens zu enthalten," und weiter bestimmt, „daß ans ein Mal nicht mehr als ein Mann von der Wacht bei würklicher Straf nach dem Esfen gehen soll, damit die Wacht an nöthiger Mannschaft nicht entblößet werde"; der die Wache habende Offizier sollte alle Morgen und Abend „dem Herrn Bürgermeister und Stadthauptmann geziemend rapportiren" und „nach löblichem Brauch und Herkommen auf Sonn- und Feyertagen, besonders unter der Kirche, die Stadtthore verschlossen halten." In einem „Kriege" mit darmstädtischen Truppen erhielt diese Bürgerwehr Gelegenheit, eiue Probe ihres Mutes und ihrer Geschicklichkeit abzulegen. Es war im spanische» Erb- folgekriege. Französische Trnppen schwärmten ziemlich dicht an die Stadt heran, nud der Lcmdgraf von Hessen-Darmstadt hielt es, als vom Kaiser bestellter Schutzvvgt der Stadt, für seine Pflicht, znr Verteidigung herbeizueilen. Die guten Wetzlarer aber, vielleicht uicht ohne Grund für ihre Freiheit fürchtend, schlössen vor dem unerwünschten Helser die Thore uud warfen die Hessen, die jetzt aus Verteidigern der Stadt Belagerer wurden, von den Stadtmauern mit Steinen. Sechs Tage währte diese denkwürdige Belagerung, einem Froschmäusekriege nicht »»ähnlich. Eine knrz darauf erschienene Spottschrift von den Reichsta!>nnergerichtsprvkuratvre>i vo» Puliau uud r),-, Liudheimer, betitelt