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Gin militärfreier Stand?
scheidet" und „zur täglichen Ausübung geistlicher Mysterien berufen" wird, kaun und darf nicht iu derselben Weise behandelt werden, wie „alle janderns Weltbürger und Weltkinder." Der Krieger des Gottesstaates kaun nicht zugleich Kriegsdienste beim Weltstaate thun. Es ist leine Frage: mit dem dogmatischen Begriff des katholischen Priesters verträgt sich seine Heranziehung zum Militärdienste nicht. Und so mache denn das Reich der katholischen Kirche ein Zugeständnis, das sie ihrem Wesen nach beanspruchen muß, wie ihr um dieses ihres Wesens willen schon so manches Zugeständnis geinacht worden ist. Es mache es umso lieber bei dem Mangel an Priestern, der in der That in der römischen Kirche Deutschlands zur Zeit noch vielfach vorhanden ist. Bedauern, ja beklagen mnß man freilich, daß sv die letzte Möglichkeit, auf den katholischen Klerus im Sinne nationaler Erziehung einzuwirken, aus der Hand gegeben wird.
Wird aber dem katholischen Theologen die Freiheit gegebene sich der allgemeinen Wehrpflicht zu entziehen — oder vielmehr der Ausschluß von der Wehrpflicht über ihn ausgesprochen, da seine Obern ihm den Gcbranch jener Freiheit ausnahmslos nnferlegen werden —, was wird aus den evangelischeu Theologen? Nach der unvernünftigen Auslegung des richtig verstanden gar nicht entbehrlichen Paritätsgednnkens, die leider von dein nationalliberalen Redner in jener Ncichstagssitznng vertreten wnrde, ist das Schicksal der evangelischen Theologen gleich mit entschieden. Sie werden einfach über den-, selben Kamm geschoren. Entweder — oder! Beide Konfessionen werden befreit oder beide werden gezwungen. Die evangelische Kirche heißt auch Kirche, folglich! Und der evangelische Theologe heißt mich Theologe, folglich! Innere Wesensnnterschiede mögen vorhanden sein, aber sie zn beachten wäre eiuer paritätischen Gesetzgebung unwürdig.
In der That ist der innere Unterschied der beiden christlichen Bekenntnisse in diesem Punkte groß. Für die evangelische Anschaunng giebt es keine „Geistlichen" und „Laien," sondern alle glänlügeu Christen sind „Geistliche," sind „Priester"; die Pastoren haben nnr in der Gemeinde ihren besondern Dienst, ihr Amt, ihren Beruf, wie auch andre ihren besondern Dienst, ihr Amt und ihren Beruf haben. Für die Pastoren giebt es keine besondre Moral, keine Frönunigkeit, zu der ein Nichtpastvr nicht anch verpflichtet wäre. Wenn diese Anschauung in weiten protestantischen Volkskreisen nicht geläufig ist, so beweist das nur, wie viel katholisches Empfinden und Urteilen noch in ihnen herrscht. Nach echt evangelischen, Amtsbegriff ist es für den im Amte befindlichen Pastor ebenso wenig Sünde, in ehrlichem Kriegsdienste den feindlichen Soldaten zn töten, wie es für einen andern Christenmenschen Sünde ist. Dogmatisch läßt sich überhaupt in keiner Weise die Forderung begründen, daß der Geistliche in Krieg oder Frieden anders verwendet werde als jeder Staatsbürger sonst.
Zweckmäßig mag nnn vielleicht eiue andre Handhabung der Militärpflicht gegenüber den evangelischen Theologen sein, wie ans Mangel den Lehrern gegen-