2 Gin Blick auf das vergangne Jahr
daraufhin allenthalben an maßgebender Stelle des Vertrauens, das der leitende Politiker besitzen muß, wenn er mit Nutzen wirken und schaffen will. Dieses Vertraue» hat der Kanzler sich sowohl bei dein Kaiser Wilhelm wie ein Erbteil aus der Hinterlasfenschaft seines verewigten Großvaters bewahrt, als auch bei einer starken Mehrheit der politischen Körperschaften, die verfassungsmäßig bei der Gesetzgebung für Deutschland und Preußen mitzuwirken berufen sind, ebenso bei den befreundeten Mächten, die mit uns im Dreibunde zur Wahrung des Friedens uud unsrer Errungenschafteil von 1864 bis 1871 zusammengehen, endlich auch trotz mancher Gegenwirkuug von zeitweiligem Erfolge bei der maßgebenden Persönlichkeit in dem großen Reiche, das sich im Osten unsrer Grenzen ausdehnt, und diese glückliche Lage der Dinge ist im verflossenen Jahre nicht bloß erhalten geblieben, sondern in allen Beziehnngcn gestärkt und befestigt worden, sodaß wir aus ihm in das neue die möglichst starke Wahrscheinlichkeit, im Bereiche der innern Angelegenheiten aber geradezu die unzweifelhafte Gewißheit mit hinübernehmen, die gedeihliche Entlvicklnng des Reiches werde trotz mancher Anfeindnng weiter ihren Fortgang nehmen uud uns neue Blüten und Früchte schenken. Die Enthüllungen, die das Jahr t888 brachte, hatten sehr befremdliche Streiflichter ans geheime Vorgänge geworfen, die mit einer schweren Krisis drohten, einer so schweren und gefährlichen, wie sie dem deutschen Staate seit seiner Erneuerung in den Tagen von Versailles noch niemals be- schieden gewesen war. Der kranke Kaiser Friedrich ahnte vielleicht nicht, als er am 12. März dem Reichskanzler in seiner Anlrittsprvklamation seine Ne- gierungsgruudsätze übergab, daß daneben ein andres Programm bestand, das sich auf verschiedneu Wegen uud mit verschiednen Mitteln bei ihm Geltung und unter seinem Namen Deckung zu erschleichen suchte. Ein gefährlicher demokratischer Freisinn, unterstützt von höfischen Kreisen im Innern, uud noch gefährlichere ausländische Einflüsse hatten sich zu diesen Bestrebnngen verbündet, deren erstes Ziel die Entfernung des hier wie dort bitter gehaßten, weil hier wie dort den verfolgten Interessen im Wege stehenden Kanzlers war. Kaiser Friedrich hatte die Ränke der Verschwörung, die gegen die Grundsätze, aus denen das Reich erstanden und mit deren Ausführung es gesichert worden war, gesponnen wurden, nicht zu erkennen vermocht. Wohl aber war die Lage für die Fürsten, die sich am Sarge seines Vaters in Berlin versammelt hatten, Gegenstand ernster Beunruhigung gewesen, die sie dem Kanzler nicht verhehlt hatten, und es war ihm dabei versichert worden, daß die deutschen Regierungen fest entschlossen seien, durch unbedingtes Festhalten an der bisherigen Politik des Leiters der Neichsangelegenheiten das Erbe des Verewigten sich und der Nation zu bewahren. Noch in Heller Erinnerung steht ferner der Trinkspruch, mit dem der Kronprinz Wilhelm deu Kanzler an dessen 7Z. Geburtstage als den Bannerträger ehrte, der, nachdem der älteste Führer gefallen und der nächste schwer getroffen sei, starken Fnßes vvranschreite. Er war ein politisches