Der verfassiingsstreit in Preußen
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ordneten Classen-Kappelmann, eines sonst sehr harmlosen und unbedentenden Menschen, ein großartiges Fest vorbereitet und sämtliche Mitglieder der liberalen Partei des Mgevrdnetenhanses dazu geladen. An ein feierliches Festmahl im großen Saale des Gürzenich, gewürzt durch die üblichen Hetz- und Brandreden, sollte sich Tags darauf eine Rhcinfcchrt schließen. Aber der Polizeipräsident von Köln (Aich) verbot auf Grund des nicht aufgehobenen Gesetzes vom 11. März 1850 die Abhaltung dieses Festes. Der Festausschuß erklärte, sich diesem Verbote nicht fügen zn wollen, nnd zwar auf Gruud des Art. 2', der Verfassung. Auch der Aufforderung des Oberbürgermeisters (Vachem), den Gürzenichsnal zu räumen, wurde nicht Folge geleistet. Herr Classen-Kappelmann hatte nun den genialen Gedanken, zu erklären, daß er den Saal allein znr Abhaltnng eines Privatdiners gemietet habe. Aber anch darauf fiel, um einen etwas gewöhnlichen, aber treffenden Ausdruck zu gebrauchen, der Polizeipräsident nicht hinein. Herr Clnsfen-Kappelmanu aber war für kurze Zeit der populärste Mann im ganzen heiligen Köln; seine Mitbürger fangen-
Der Bachem und der Aich Die sind von einem Teig; Jedoch der Classen-Knppetmaun Das ist und bleibt ein Ehrenmann,
>'lts aber der Tag des Festes gekommen war, hatte der „Ehrenmann" es vorwogen, eine kleiue Reise in das benachbarte Anstand zn machen unter dein Vvrwnnde, daß ihm Verhaftung drohe, woran niemand gedacht hatte. Man dnrf das dem gefeierten Volksmanu, der übrigens bald wieder völlig vergessen war, ^ sehr übel nehmen; das Märthrertum ist nun einmal nicht jedermanns Sache.
Von 253 eingeladnen Abgeordneten hatten 150 bis 100 zugesagt; aber nnr etwa 80 waren nm 22. Juli wirklich in Köln erschienen. Da der Gürzenichsnal polizeilich geschloffen war, so versuchte man, das Fest auf der rechten Rheinseite in Deutz im „Marienbildchen"'1 abzuhalten. Doch der Bürgermeister vvu Deutz wollte das auch nicht gestatten, und als auf seine Aufforderung hin die Versammlung nicht sofort auseinanderging, wurden aus der benachbarten Kaserne einige Mannschaften vom achten Kürassierregiment herbeigeholt, die dann das Räunuu>gsgeschäft7ebenso rasch wie gründlich besorgten. Innerhalb der Wälle einer preußischen Festung war also offenbar kein Ranm für jene Vertreter der Vvlksrechte. Also aufs Land! Der Zoologische Garten l«g damals auf dem Gebiete der Landgemeinde Longerich. Speisen und Getränke wurde» über den Rhein geschafft, nnd das Mahl begann. Wären nun
*) Dieses früher sehr beliebte Bergnügnngslokal hat jetzt den Nenanlage» des Dentzer Bahnhofes Platz machen müssen.