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unsre amtlich eingeführten Landesgesangbücher und unsre Erbauungslitteratnr nur davon lernen könnten. Eiu zierlicher, schmaler Oktavband, die Texte in schöner gotischer Schrift gedruckt, die Noten iu sauberstem typographischem Druck hergestellt — wo hat je eiu solches Buch auf dem Notenpult eines Klaviers gelegen? Und hierfür, zur stillen, zugleich religiösen, zugleich künstlerischen Erbannng des Einzelnen oder der Familie oder eines Freundeskreises, ist es in erster Linie bestimmt. Wo eine größere Anzahl von Exemplaren benutzt würde, könnte es aber anch dos Hanptübnngsbuch vou Kircheuchor- gesangvereinen, Cäeilienvereinen u. dergl. werden. Auch diese Sainmlnng besteht aus drittehalb hnndert Stücken, die ungefähr in der Einteilung unsrer Gesangbücher in 24 Abteilungen gebracht sind. Die meisten darunter sind geistliche Lieder mit Choralmelvdien, doch stehen daneben auch kleine Hymnen nnd Motetten, Oratoriennummcrn n. ähnl. Die Texte sind meist dem Tvnsatz gegenübergedruckt, der Tonsatz links, rechts der Text. Nnr bei „dnrchkompv- nirten" Gesängen ist der Text unter die einzelnen Stimmen gedruckt. Die Texte sind meist in ihrer ursprünglichen Fassung gegeben; wo eine Bearbeitung nötig war, ist die Fassung des sächsischen oder des hannvverschen Gesangbuches zu Grunde gelegt worden. Für die Tonsätze ist — wie die Herausgeber im Vorworte bemerken — vor allem die grosse deutsche Choralzeit von Eccard bis Bach benutzt, und anch für die Motetten, Lieder nnd Hymnen sind die Ton- sätzc dieser Zeit mit besondrer Absicht herangezogen worden. Die neuere Zeit ist hauptsächlich durch Stücke vertreten, dereu Volkstümlichkeit feststeht. Einige, wie Beethovens „Bitten," sind natürlich ans den Chorsatz übertragen worden. Im allgemeinen ist, so weit als möglich, anch bei den Kompositionen die Originalfassung zu Grunde gelegt worden. Die Namen der beiden Männer, die neben dem dritten, jungen Mitarbeiter, Paul Stöbe in Leipzig, als Heransgeber genannt sind, Konsistorialrat Heinrich Ahlfeld iu Hannover nnd Professor Hermann Kretzschmar in Leipzig, bürgen wohl dafür, daß nach allen Richtungen hin, in Wahl und Fassung der Texte wie der Tonsätze, das Richtige getroffen worden ist. An litterarischen Nachweisen fehlt es dieser Sammlung so wenig wie den beiden erstgenannten.
Endlich der Zitatenschatz. Bei diesem Buche wird der Leser fragen: Wird es nicht selbst von dem oben erhobenen Vorwürfe getroffen, eine überflüssige Nachahmung zu sein? Was will es neben Büchmanns allbekannten „Geflügelten Worten"? Der Herausgeber, Dr. Hans Nehry iu Leipzig, beantwortet diese Frage im Vorwort. Das Buch — sagt er — steckt seine Grenzen weiter als das von Büchmann, es beschränkt sich nicht auf die sogenannten „geflügelten Worte." In den deutschen und den ausländischen 5!lassikeru, die die Grundlage unsrer litterarischen Bildung ausmachen, ist eine Fülle von Ansprüchen, die, einmal gelesen, sich mit ihrem Gedankeniuhalte dein Gedächtnis oft wieder aufdränge», ohne doch i» ihrem ursprünglichen Wortlaute sofort wiedererzeugt