Beitrag 
Junge Liebe : Idyll : aus dem Dänischen übersetzt von Mathilde Mann :
(Fortsetzung)
Seite
439
Einzelbild herunterladen
 

Maßgebliches und Unmaßgebliches

439

lich geschehen? Wenn nnr Jesper nichts erfuhr und er keine Enttäuschung erlitt. Und dann: gehörte ihm dafür nicht jede Faser ihres Herzens jetzt zehn­fach mehr denn früher? Wie sollte ihr Leben nicht vvn jetzt an

Sie sank langsam in seinen Arm, überwältigt von Ermattung und Lebens­überdruß. Endlich fielen ihr die Angen zu, und sie schlief an seiner Brust ein. Er schlang seinen Arm schützend um sie, und mäuschenstill bewachte er ihren Schlummer, während sich eiu seliges Entzücken in seinen Zügen wiederspiegelte.

(Schluß folgt)

Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nochmals die Reserveoffiziere. Dem AufsatzUnsre Reserveoffiziere" an der Spitze dieses Heftes würden wir keine Aufnahme gewährt haben, wenn Nur nicht die darin ausgesprochncn Ansichten teilten. Dennoch scheinen uns von den Vorwürfen, die man dem Reserveoffiziertum von gewisser Seite macht, einige nicht ganz der Begründung zu entbehren, der Verfasser macht auch eigentlich nirgends den Versuch, sie zu widerlegen.

Daß unsre männliche Jugend im Laufe der letzten zwanzig Jahre nicht an Schüchternheit zugenommen hat, ist eine Beobachtung, Wer die unter reifen Mänueru wohl nur eiue Stimme ist. Wir waren unsrer Zeit als Zwanzigjährige stillere und bescheidnere Lente, die heutigen Zwanzigjährigen sind lcmt und anspruchsvoll geworden, sie betrachten vielfach als ihr Recht, was sie nur als Vcrgüustiguug zu betrachte» hätten, sie lieben es, zu kommnndireu, wo sie zu bitten hätten. Aber das ist das schlimmste uicht. Die heutige Jugeud ist Gott sei Dank! muß mau ja sagen unter gänzlich andern politischen Zuständen aufgewachsen als wir nnsrer Zeit, sie haben fertig vorgefuudeu, was wir erträumten und ersehnten; da ist es uicht zu verwundern, wenn sie ein höheres Selbstgefühl besitzt, als wir es als junge Leute hatten, uud höchstens zu schelteu, daß dieses Selbstgefühl sich ge­legentlich nm uurcchteu Orte zeigt, gelegentlich in Dreistigkeit oder Frechheit übergeht.

Schlimmer ist etwas andres, was unsrer männlichen Jugend sehr häßlich zu Gesicht und zn ihrem gesteigerten Selbstgefühl eigentlich im Widerspruch steht: die immer mehr zunehmende Ziererei uud Schniepelei in ihren Umgangsfvrmen. Be­sonders beklagenswert ist es, daß diese Ziererei gerade in den Kreisen am ärgsten geworden ist, die man für die verständigsten und anfgeklärtesten halten, und in denen man in dieser Beziehung die schlichteste Natürlichkeit erwarten sollte: in den Kreisen der akademischen Jugend. Die Grenzboten haben schon einmal (vor fünf oder sechs Jahren) in einem Aufsatze:Die Herreu Studierenden" auf diesen Mißstand eindringlich aufmerksam gemacht, leider völlig erfolglos. Der Mißstand hat seitdem nur Fortschritte gemacht. Für reife Männer, die vor zwanzig und dreißig Jahren studiert haben, giebt es kaum etwas Lächerlicheres, als mit ansehen zu müssen, wie die jnngen Leute jetzt auf der Straße vor einander (!) ehrerbietige Verbeugungen machen und das Haupt entblößen. Kommt es ja zu einer Begrüßung mit der Hand, so geschieht es in der Weise, daß die Hände in Brusthöhe und Brnstnnhe zimperlich in einander gehakt werden. Noch lächerlicher gehts am Biertische zu. Wenn da eine Verbindung beim Frühschoppen sitzt, und es gesellt sich einer von einer andern Verbindung zn ihnen, so schnellt die ganze Gesellschaft vom Stuhl