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Junge Tiebe
Angeilblick hatte in den Sinn kommen können, sich einem solchen Menschen hinzugeben, den sie kaum dein Namen nach kannte.
Inzwischen rückte Jesper, wahrend die Alten sich mehr uud mehr in ihre Reden vertieften und der genossene Punsch allmählich ihre Sinne benebelte, immer uciher zu ihr hiuau; schließlich schlang er seinen Arm um ihren Leib und sah ihr mit höchster Verliebtheit in die Augeu.
Hätte er geahnt, wie sich ihr Herz krcnnpfte, wie ihre Nerven bebten, als er sie in glückseligem Rausch an sich zog und ihr von seinen Zukunfts- träumcu erzählte! Noch nie zuvor hatte sie es so wie jetzt empfunden, was wahre, aufrichtige Liebe ist, nie hatte sie es sv wie in diesem Augenblick verstanden, wie viel tausendmal mehr eine solche Liebe wert ist als alle schönen Worte, alle süßen Liebesschwüre! Unwillkürlich preßte sie seine große, plumpe, schwielige Hand fester, während sich ihre. Lippen wie in einem rein körperlichen Schmerz verzogen.
Sie verfluchte den Tag, wo sie im Schilf zum erstenmal ihr Herz von den Liebkosungen der beiden Liebenden hatte bethören lassen. Sie verfluchte ihr Leben nnd ihre thörichten, eitlen Träumereien, die ihre Sinne verwirrt nnd ihre Angen umnebelt hatten, bis es zu spät war. Aber mit fast übermenschlicher Selbstüberwindung zwang sie ein Lächeln auf ihre Lippen, als sich Jesper jetzt zu ihr herabbeugte. Und als er ihren Kopf an seine Schulter preßte, blickte sie sogar mit einem zärtlichen, wenn auch kummervollen Blicke zu ihm auf.
In demselben Augenblick fuhr ihr der Gedanke durch den Kopf: Wie, wenn du ihm jetzt alles offenbartest? Wenn du ihn jetzt mit dir in deine Kammer nähmest, dich ihm zu Füßeu würfest und seine Vergebung erflehtest?
Aber sie fühlte sofort, daß ihr das unmöglich sein würde. Sobald sie ihm nur ins Auge sah, sobald sie nur das siegesstolze Glück in seinem Hände- drnck einPfand, verscheuchte sie den Gedanken mit Entsetzen. Es gab keine Rettung für sie — ihr Leben war verspielt. Sie hatte sich selber in den Schmutz geworfen, und niemand, niemand konnte ihr zurückgeben, was sie verloren hatte. Uud doch empfand sie gerade jetzt eine so grenzenlose Lust zu leben, ein ueues, redliches Leben zu beginnen, worin sie das wieder gut machen könnte, was sie durch ihre Thorheit gesündigt hatte, mit andern das Glück zu teilen, das sie erst jetzt schätzen gelernt hatte. Mit einem Überrest ihrer alten Träumerei versuchte sie, wie sie so da saß, den Kopf gegen seine Schulter gelehnt, in Gedanken ein friedliches, thätiges Zusammenleben in Liebe und Treue aufzubauen, nnd mit brechendein Herzen verstand sie eigentlich erst jetzt recht, was sie verscherzt hatte.
Aber war denn wirklich alles so unwiederbringlich verloren? Konnte sie es nicht vergessen? Konnte sie es nicht wie einen Traum, wie ein Gesicht von sich stoßen? Was war es denn im Grunde weiter? Was war deuu schließ-