Zum bürgerlichen Gesetzbuch
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eigentums bis zum Mittelpunkte der Erde und bis in den blauen Äther hinein z. B. der Eigentümer einer Bergwiese das Durchführen eines Tunnels unter seinem Grundstück, ein Gartenbesitzer die Anlage eiuer Telegraphen- oder Telephvuleituug über sein Grundstück hinaus verhindern könnte. Es werdeu Schutzwehren gegen Selbstzerstörnng des Grundeigentums durch Verschuldung und Zersplitterung verlangt durch Ausbildung der dinglichen Rente neben Hypothek und Gruudschuld, dnrch Beschränkimg der Zwangsvollstreckung gegeu das Grundeigentum, insoweit sie geeignet wäre, die Existenzgrundlage eines landwirtschaftlichen Betriebes zu zerstöre«, durch den Ausbau eines kräftigen Anerbenrechts. Der Verfasser will, entgegen dem Entwürfe, nicht das Eigentum als eiu von alleu übrigen Rechten spezifisch verschiedues Recht aufgefaßt, sondern die Brücken zwischen Obligationen- und Sachenrecht befestigt und ausgebaut sehen; deshalb soll der Satz: „Kauf bricht Miete" beseitigt, das Erbzinsgut (in Nnlehuung nn das in der Provinz Posen eingeführte Rentengut) wieder eingeführt werden. Gierte hält den Entwurf auch bezüglich des Obligatioueu- rechts für zu manchesterlich uud verlangt deshalb eine Beschränkung der Vertragsfreiheit, soweit diese nur dazu dient, den Schwachen zu Guusteu des Starken auszubeuten. Als Weiterentwicklung der Beschränkungen der Aus- psändung bezüglich der Lebensnotdurft des Schuldners erscheinen ihm daher Bestimmungen gegen den Wncher (nicht die Vertröstung auf ein besondres Wuchergesetz) notwendig, ferner die Aufrechterhaltung des unverzichtbare» Kündigungsrechts des Schuldners bei Überschreitung eiues Zinsfußes von sechs Prozent, der Ausschluß der Forderung aufgewachsener Zinsen über den Bestand des Kapitals hinaus (des alwruiu t-inwin), das Verbot der Ziuses- zinseu, die Einschränkung des Vorabzuges von Zinsen, eine Beschränkung der Höhe der Konventionalstrafen, die Aufrechterhaltung des Anfechtungsrechts wegen Verletzung über oder unter die Hälfte (1u«8w «znormi«), die Aufrechterhaltung der lox ^.rm8ta,8wim, nach deren Inhalt der ErWerber einer abgetretenen Forderimg nicht mehr einklagen kann, als er selbst dafür gegeben hat, Beschränkungen des Verkaufs der Früchte auf dem Halme, Eiuschräuknng des Pfandrechts des VerPächters uud Vermieters, das Verbot abstrakter Schuldversprechen u. a. m.
Muß man dem Verfasser auch Recht geben, wenn er sagt, daß „eiu Schuldrecht, das keine höhern Gesichtspunkte als Nerkehrsfreiheit und Verkehrssicherheit kennt, den Geschäftsnuerfahrneu dem geriebenen Geschäftsmanne, den kleinen Bürger und Bauer dem größeru Unternehmer, den Arbeiter dem Kapitalisten wehrlos in die Hand" giebt, so muß man doch Bedenken tragen, alle Forderungen des Verfassers vollständig zu befürworten, wenn man nicht unsern ganzen modernen Vorkehr zerstören will. Aber jedenfalls regen die Ausführungen des Verfassers zn ernstem Nachdenken darüber an, wie weit mau gehen darf, um neben Aufrechterhaltung des modernen Verkehrs den Schwachen