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Die deutsche Arbeitergesetzgebung : 7. Einflüsse auf die Volkswirtschaft
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Die deutsche Arbeitergesetzgebmig

yelfcu. Das aber führt eben die Arbeiterversicherung herbei, indem sie der übergroßen Mehrzahl aller Arbeitenden einen Schutz gegen die drohendsten wirtschaftlichen Gefahren gewährt und sie dadurch in die Lage versetzt, mit Zuversicht die Verbesserung ihres Zustandes zu betreiben.

Daher ist die so häufig aufgestellte Behauptung unrichtig, die modernen wirtschaftlichen Zustände müßten eine unheilbare und durch keine Gesetzgebung aufzuhaltende Verschlechterung der gesundheitlichen körperlichen und geistige« Eigenschafteu der arbeitenden Bevölkerung zur Folge haben und Hütten sie schon znr Folge gehabt. Mnu gelangt zu diesem Irrtum dadurch, daß man den Vergleich zieht zwischen den Tüchtigsten vergangner Zeiten, deren Eigen­schafteil durch sagenhafte Zusätze uoch edler erscheinen, mit den Geringsten der Gegenwart. Da fällt freilich der Vergleich, soweit unsre geschichtlichen Kennt­nisse überhaupt zurückgehen, immer zu Ungunsten der Gegenwart ans. Viel­leicht würden wir sie stolzer beurteilen können, wenn wir jene sagenhaften Ausschmückuugeu der Vergangenheit abzusondern vermöchten, und sicher würde dieser Fall eintreten, wenn wir die durchschnittlich erreichte Ausbildung des Geistes nnd Leibes der Volksmitglieder aus vergangnen Zeiten mit der Gegen­wart verglichen. Sicherlich wohnt heute der Fabrikarbeiter besser und ist nicht nur geistig, sondern auch leiblich edler ausgebildet, als ehemals der Hörige und Leibeigne einer überwiegend der Landwirtschaft obliegenden Volkswirtschaft. Einst wird die Zeit kommen, wo der geringste Arbeiter edler sein wird als jetzt die hervorragendsten im Volke. Aber freilich wird es auch dann immer wieder noch edlere, überragende geben; und so wird die Entwicklung bis in das Unendliche fortgehen. Hierzu aber muß der daraus gerichteten Thätigkeit der Weg frei gehalten, und es muß verhütet werden, daß ein großer Bruchteil aller Volksmitglieder dadurch von vornherein davon abgeschnitten ist, daß täglich drohende und zuletzt erdrückende Gefahren keinen Mnt zu solchem Vorgehen auf­kommen lassen.

Die Nachahmnug der deutschen Arbeiterversicherung durch die anßer- deutscheu Kulturstaaten wird nicht lange auf sich warten lassen. Bis dahin wird aber die deutsche Volkswirtschaft durch jene Einrichtungen sich in einer wesentlich günstigern Lage befinden und vielleicht noch iu solchen Dingen einen Vorsprung gewinnen, worin es ihr bis jetzt noch nicht gelungen ist; denn die Lage des Lohnarbeiters ist jetzt in Deutschland bedeutend besser als anderswo. Eine gewisse Abschließung, wenigstens auf vorübergehende Zeit, wird dabei wohl nicht ausbleiben. Denn es ist sehr wahrscheinlich, daß diejenigen Lohn­arbeiter, die einmal eine Anwartschaft auf Versorgung durch die Arbeiter­versicherung erworben habeu, nicht fo leichten Herzeus diese Vorteile durch dauernde Auswanderung aufgeben werden, als dies bisher geschehen ist. Diese Wirkung wird namentlich dann eintreten, wenn erst die Alters- und Invaliden­versicherung eingerichtet uud durchgeführt sein wird; denn vorläufig ist ja unr